Parentifizierung ins Unglück

Wenn Kinder zu Eltern der Eltern werden

Parentifizierung – der Begriff kommt aus dem Lateinischen parentes – bedeutet einen Rollentausch, eine Rollenverschiebung zwischen Eltern und Kindern. Kinder übernehmen Verantwortung für ihre Eltern, die sie als schwach und inkompetent empfinden. Das hat sehr nachhaltige Auswirkungen auf das Leben dieser Kinder bis ins hohe Alter hinen. Kinder müssen bei schwachen Eltern viel zu früh aufhören, Kind zu sein. So ein Kind übernimmt Verantwortung, wo es eigentlich Wohlbehütetheit erfahren sollte, seine Kraft und Grenzen spielerisch in Sicherheit erkunden darf.

Was sind das für Eltern?

Glauben Sie nicht, das seien lauter alkoholabhängige Sozialhilfe-Empfänger, kriminelle Bösewichte, verkrachte Existenzen!

Nach außen wirken Eltern oft erfolgreich, stark, im Hoch-Status  und glücklich.

Kinder aber spüren genau, wie es in den Eltern aussieht. Sie durchschauen jede Schau.

Sie lieben die jammernde nervige Mutter, weil sie deren innere Schwäche genau spüren. Aus demselben Grund lieben sie auch den unmännlichen Vater, der sich von seiner Frau herumschickanieren lässt, und sie lieben den brüllenden, schlagenden bösartigen Vater. Sie durchschauen Eltern. Sie wollen sie beschützen.

Sie durchschauen auch Lehrer, die wunderwie verständnisvoll tun, in Wirklichkeit aber Angst haben vor ihren Schülern.

Und all diese schrundigen Erwachsenen verunsichern Kinder, rauben ihre Kindheit, schwächen sie.

So wird Schwäche durch Generationen hindurch weitergegeben:

Parentifizierung oder: Weiß hier niemand, wo es lang geht?

In meinen Coachings mit Klientinnen und Klienten dieser Altersgruppe zeigen sich immer wieder Kindheiten, in denen die Kinder in die Schuhe ihrer Eltern stiegen. Weil sie die Eltern für komplett ungefestigt und inkompetent hielten. Die Kinder, eigentlich die Fürsorgebedürftigen und -Berechtigten, wechseln in die Rolle der Befürsorgenden. Leicht nachvollziehbar, dass dieser Rollentausch nur Trauer produziert bei den Kindern und späteren Erwachsenen.

Folgen der Parentifizierung

  • Mangelndem Selbstwertgefühl, weil es Stabilität braucht, um eine starke Persönlichkeit entwickeln zu können.
  • Besorgtheit und dem Hang zur latenten und tiefen Traurigkeit, weil nur ein stabiles Umfeld Kinder sorglos heranwachsen lässt, weil sie nur dann ihrem Spieltrieb folgen und experimentierend das Leben lernen können.
  • Großes Verantwortungsgefühl, das Sie ausnutzbar macht
  • Ängstlichkeit – Sie kommen nicht ins Tun
  • Sie sind heimlich wütend – kein Wunder!
  • Helfersyndrom aus Selbstverleugnung

Parentifizierung brachte Pippi Langstrumpf in die Welt

Pippi Langstrumpf – der fröhliche Traum aller unglücklichen Kinder. Pippi ist das reine Ideal, das Sehnsuchtsbild geplagter Kinder. So frei sein, unabhängig, so sehr in der Selbstliebe!

Unglückliche Kinder schleppen große Probleme mit sich herum, solche Erwachsene, die als Kinder das Gefühl hatten, es mit inkompetenten Eltern zu tun zu haben, die vom Kind beschützt werden mussten. So dass das Kind nicht mehr unbeschwert Kind sein konnte.

Pippi ist unbekümmert, also ohne Kummer, weil ganz ohne Eltern – was für eine Freiheit!

Entgrenzung durch Raub der Kindheit

„Ich kann keine Grenzen setzen! Ich will und muss das lernen!“ Das höre ich immer öfter von Klienten, die in ihren 50ern stehen und ich höre das auch von um die 30-Jährigen. Familienstrukturen, die Parentifizierung erzwingen, vererben sich tatsächlich.

In meinen Coachings erlebe ich noch mehr Folgen der parentifizierenden Kindheiten:

  • Die Betroffenen neigen dazu, sich an Strukturen festzuklammern, sie sind unspontan und kontrollierend.
  • Sie fürchten Streit und sind konfliktscheu, denn sie haben nicht gelernt, dass es möglich ist, Konflikte in Lösungen umzuwandeln.
  • Sie haben wenig Vertrauen in sich und in die Welt.
  • Bindungsangst lässt sie schnell aus Beziehungen flüchten. Vielleicht erklären sich die hohen Scheidungsraten so.

Ein Tsunami an „Burnouts“

Die Zunahme der Burnouts geht womöglich auch auf das Parentifizierungs-Unglück zurück, denn die Kinder inkompetenter Eltern mussten ihr Leid der Überforderung, ihre emotionale Erschöpfung eben aushalten. Erwachsene re-inszenieren solchermaßen erlernte Ausgeliefertheits-Gefühle – anstatt sich zu wehren gegen Misshelligkeiten im Job und im Privaten. Sie ducken sich weg, sie imitieren die Eltern, sie kommen nicht in den beglückenden Swing der Lebensgestaltung.

 

So entkommen Sie der Liebes-Falle

Parentifizierung zwingt Kinder dazu, die eigenen Gefühle zurückzustellen und schnell „vernünftig“ zu werden. Sie werden hypervernünftig, weil sie so beschäftigt waren, die Schwächen der Eltern auszugleichen, dass sie die eigenen Gefühle ignorieren mussten. Sie haben sich also angewöhnt, die eigenen Gefühle zurückzuhalten – aus Furcht, das ganze Leid breche hervor. Das blockiert die Fähigkeit Glück zu empfinden. Sie erleben so also keine unbeschwerte Kindheit und womöglich ein andauernd beschwertes Leben.

„Ich hirne hirne hirne unentwegt! Könnte ich das nur endlich mal lassen!“ sagte einmal eine Klientin, die sich daran gewöhnt hatte, sich mit dem Verstand durchs Leben zu arbeiten. Emotional sehr erstarrt und unglücklich.

Spielraum erweitern statt Grenzen setzen!

Das ist meine Antwort aufs „Grenzen-Setzen-Wollen“ und das trainieren wir im Coaching. „Erweitern Sie Ihren Spielraum!“

Es ist nicht leicht, Menschen aus der emotionalen Erstarrung zu lösen und ins Schwingen zu bringen. Erstarrte Menschen müssen das Spielen mit den Möglichkeiten erst (wieder) lernen. Sie müssen und dürfen lernen, zu sich zu stehen, „egoistisch“ zu sein, „JA“ zu sich zu sagen und „Nein“ zu allen Vampiren. Sie dürfen widersetzlich werden und ihrem Bauchgefühl folgen.

 

Narzissmus, eine Parentifizierung-Folge

Könnte das sein: Dass Kinder, die ihre Eltern beschützen mussten, anstatt bedingungslos geliebt zu werden, zu Narzissten werden?

Mir scheint es fast eine Zwangsläufigkeit zu sein.

Andere „Parentifizierungs-Opfer“ werden nicht narzisstisch, sondern zu deren Opfern.

Echte Narzissten sind quasi immer im Überlebenskampf. Zu diesem Zweck instrumentalisieren sie rücksichtslos andere Menschen, sie täuschen und manipulieren, man meint: skrupellos. Aber sie sind versteinert und können also gar keine Skrupel haben.

Narzissten sind mit Mangel an Liebe aufgewachsen. Sie mussten ihre Wege alleine finden, noch zusätzlich belastet durch schwierige Eltern.

Emotional ausgehungerte Kinder aus emotional belasteten Familien werden Narzissten oder leichte Beute derselben.

Selbstliebe lernen müssen Sie!

Ich habe beobachtet, dass Narzissten eines wirklich nicht können: Sie können nicht hemmungslos lachen. Sie können nicht – wie Kinder es können – vor Albernheit außer sich geraten. So sehr haben sie sich im Griff.

Humor ist eine Spielart von Liebe. Wer sich und andere nicht lieben gelernt hat, kann auch nicht hemmungslos lachen.
Glücklicherweise ist alles änderbar. Starten Sie mit der Selbstliebe.

Coaching hilft Ihnen dabei. Dr. Berle – Life Coach in München.

Sollen wir reden? Mailen Sie mir: coach@dr-berle.de