Positives Denken ein Test
Kapitel in diesem Beitrag:
- 1 Haben Sie genug positives Denken in sich?
- 2 Positives Denken wurde zur Lügen-Lehre
- 3 „Achherrjeh, sei doch nicht so emotional!“
- 4 Onkel Willys Zweckpessismismus
- 5 Pragmatisch und konstruktiv muss man sein
- 6 Positives Denken liebt Herausforderung
- 7 Selbstwirksamkeit und Zuversicht stärken
- 8 Angst und Begeisterung, unsere V8-Motoren
- 9 Wer das Leben annimmt, spielt es
- 10 Halb voll oder halb leer, ja mei …
- 11 Was tun für die Begeisterung?
Haben Sie genug positives Denken in sich?
Positives Denken! Halb voll oder halb leer, das Glas? Was wären Sie nur für ein Mensch, wenn Sie „halb leer!“ sagen würden … auweia, dann wären Sie ein Negativ-Denker!
Das tun Sie aber nicht, weil Sie schließlich diesen uralten Test kennen und die Lektion gelernt haben: Ganz brav sagen Sie gewiss „Na, klar, das Glas ist halb voll!“ Auch wenn Sie innerlich insgeheim finden, dass das Leben manchmal schon dermaßen blöd ist, dass es einem fast leer vorkommt. Das Leben ist nicht immer leicht.
Positives Denken wurde zur Lügen-Lehre
Ja, hallo, heutzutage muss man alles positiv sehen! Das ist geradezu eine Ideologie, will mir scheinen. Und das ist nicht gut, weil das Stress macht. Weil viele nun meinen, sie dürften nicht mehr ehrlich zugeben, wenn es ihnen mal nicht so gut geht, wenn sie mal keinen Ausweg, keine Problemlösung sehen. Also dieses ideologische positive Denken führt zur Unehrlichkeit, es stimuliert die Heuchelei. Das macht Menschen unglücklich.
Das verhindert auch Entwicklung. Denn es zwingt zu unehrlicher Kommunikation. Es darf niemand mehr zugeben, dass er-sie ratlos ist, kraftlos, mutlos. So wird Kommunikation im täglichen Leben, in der Politik, in den Unternehmen uneigentlich, sie ist unehrlich und verliert ihren Sinn.
Mehr über das verlogene schädliche angebliche Positiv hier:
„Achherrjeh, sei doch nicht so emotional!“
Menschen müssen unterm Diktat von „Positives Denken“ ihre Gefühle verleugnen, bis sie selber sie nicht mehr wahrnehmen. Menschen werden zu Zombies.
„Wie geht es Ihnen?“ werden Sie gefragt. Und Ihr Gegenüber will unbedingt dieses „Oh, Danke, alles bestens, alles ok!“ hören. Würden Sie sagen „Au schlecht, mir ist der Umsatz weggebrochen, ich weiß schon fast nimmer weiter“, dann würde das Gegenüber das entweder gar nicht hören, sondern vor Schreck womöglich weglaufen. Oder gar sagen: „Ahja, wahrscheinlich waren Sie gar kein bisschen optimistisch und positiv!“
So wie der Mann in der Negativschleife der Hammergeschichte von Watzlawick:
Onkel Willys Zweckpessismismus
Man muss ihn loben. Mein inzwischen in hohem Alter verstorbener Onkel Willy war Schreinermeister und insofern schon ein äußerst konstruktiver Mensch. Er war meistens zur rechten Zeit am rechten Ort. Als der Krieg 1945 vorbei war, war der Onkel Willy nicht im Osten, sondern wurden im Westen irgendwo von den „guten“Alliierten gefangen genommen. Diese westlichen Kriegsgefangenen kamen schnell wieder frei und durften nachhause laufen und den Frauen helfen, die Trümmer zu beseitigen. Dann wurde der Onkel Hausschreiner in einer schwäbischen Riesenfirma. Weil er sein Handwerk verstand und freundlich war und sich beliebt zu machen verstand, durfte er dann diversen Direktoren die Privathäuser verschönern und kriegte das Geld steuer-diskret übern Tisch geschoben.
Er war pessimistisch-konstruktiv, weitblickend und auf seinen Vorteil bedacht.
Pragmatisch und konstruktiv muss man sein
Meine Oma sagte über ihn spöttisch „Wenn der noch hundert Mark in der Tasche hat, rennt er rum und jammert, er habe kein Geld mehr!“ Das nennt man Zweckpessimismus.
Onkel Willy war ein pragmatischer und sehr umsichtiger Mensch. Zu der Test-Frage, ob das Glas, halb voll oder halb leer sei, hätte er im Zweifel gesagt: „Das kannst Du so ansehen oder so! Am wichtigsten ist es jedenfalls, dass der Keller voll ist!“
Onkel Willy starb sehr wohlhabend und hat seinen Kindern und Enkeln ganz schön was vererbt. Ich würde sagen: Er hat sein positives Denken insgeheim betrieben ohne viel zu reden davon, und er hat es perfektioniert. Er hat die Probleme des Lebens nicht ignoriert, sondern mit einer gewissen Begeisterung in die Hände genommen und sie ins Positive verkehrt. Er ist nicht in den Wolkenkuckucksheimen herumgetanzt, sondern machte Nägel mit Köpfen.
Heute sagen die Leute „no problem!“ und gehen zum Chillen. Onkel Willy, der Handwerker, hätte gesagt: „Wo sind die Probleme, die ich wegschaffen kann?^“
Positives Denken liebt Herausforderung
Nur wenn das Glas halb leer ist, kann man es füllen! Oder?
Würden Sie es als halb voll ansehen, wieso sollten Sie gleich nachgießen?
Nur aus Problemen kommen die Lösungen. Und nur, wenn man sie nicht verdrängt und schönredet.
Die meisten Leute negieren und verdrängen heutzutage Probleme. Sie stecken den Kopf in den Sand und tun so, als wäre nix, wenn es irgendwann mal klemmt im Job oder im Privatleben. Das waltende Prinzip heißt dann: „Was nicht sein darf, kann auch nicht sein!“ Lethargie, Resignation, innere Kündigung und mangelnde Handlungsentschlossenheit (zugunsten von Dienst nach Vorschrift) sind die Folgen angelernten heuchlerischen „positiven Denkens“.
Dann kriegen die vielen Leute den Burnout und fallen in Depression. Dann werden sie behandelt wie Kranke, was ihnen nicht hilft.
Selbstwirksamkeit und Zuversicht stärken
Der Zweckpessimist wie etwa der Onkel Willy sieht die Dinge glasklar und beschönigt nichts mit Pseudo-Optimismus. Er redet nichts und niemanden krank. Er kommt auf diese Weise zu einer kreativen Lösung nach der anderen.
Er benimmt sich entschlossen nach dem Gegenprinzip: „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!“ Sehr alte Menschen sind ihr Leben lang meist keine „think positiv“ – Schwärmer gewesen, sondern genau solche kreativen, engagierten „Pessimisten“ wie der Onkel Willy: Voller Selbstwirksamkeitserwartung und Eigenverantwortlichkeit. Man nennt das Resilienz. Resilient wird man durch Erfahrung, durchs Tun, nicht durchs Schönreden.
Die Kriegsgeneration, meine Eltern, Ihre Großeltern, machte die Erfahrung, überleben zu können, erfuhr damit die eigene Kraft. Das Erleben und Anwenden der eigenen Kraft verstärkt dieselbe, verstärkt Selbstwirksamkeit und Zuversicht. Eine schöne Geschichte dazu aus Stuttgart:
Angst und Begeisterung, unsere V8-Motoren
Das ist einfache Hirnmechanik: Angst sowie Begeisterung machen uns aktiv. Verlogenes positives Denken macht inaktiv.
Menschen handeln seit Jahrmillionen aus Angst und haben damit Zivilisation geschaffen. Angst aktiviert – sofern wir sie nicht verdrängen. Verdrängen wir die Angst, kann das tödlich sein. Banales Beispiel: Leute, die mit Kopfhörern durchs Leben laufen, kommen leicht unter den Zug. Man hat ihnen in der überprotektiven Wohlstandgesellschaft die Angst vor irgendwelchen Gefahren ausgeredet. Ich habe meinen Sohn beigebracht, bei Rot über die Straße zu gehen! Stellen Sie sich vor! Ja! Ich habe ihm Selbstverantwortlichkeit beigebracht. Denn wer bei Rot über die Straße gehen will, muss vorher genau schauen und horchen, ob die Luft rein ist. Und achten, dass nicht etwa ein Autofahrer am Smartphone spielt und die Ampel übersieht. Oder sonstwie betrunken ist.
„Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!“ sagte meine Oma hierzu.
Wer das Leben annimmt, spielt es
Selbstverständlich lieben unsere Gehirne ja viel mehr das Glück und die Glückshormonflutung, die dann passiert, wenn wir über irgendetwas in Begeisterung geraten. Ich stelle mir vor, wie irgendwann mal einer der behaarten Vorfahren in einer Mußestunde mit Steinen spielte. Beim Aneinanderschlagen funkte es plötzlich. Dem ersten Schrecken folgte seine Begeisterung! War er Gott, dass er es funken lassen konnte?! Hoho, er erkannte die Chancen!
Und in der folgenden Begeisterung über die neue Kunst, Lagerfeuer zu entzünden – der Mann wurde berühmt und reich! – gab es sofort welche unter den behaarten Vorfahren, die anfingen, das nun fein durchgebratene Essen zu verfeinern. Das denke ich mir mal so. Haute Cuisine entstand also in der Steinzeit und zwar aus Begeisterung über das Feuer.
Oder es war so: Die Techniken des Feuermachen wurden aus Angst vor der Bitterkälte der nachtschwarzen langen Winter entwickelt. Blitze setzten den Wald in Brand. Die Frage tauchte auf, wie man es selber blitzen lassen könnte – und zack: So wurde das Feuermachen auch erfunden.
Angst macht wach. Wachheit macht begeistert, Begeisterung macht stark. Und der Feind aller Begeisterung sind die Angstmacher, die Angst herbeischwätzen, um Kontrolle zu bekommen:
Halb voll oder halb leer, ja mei …
Das ist gar nicht die Frage. Ich glaube, die Lösung liegt in der pragmatischen Ehrlichkeit. Man kann es auch ehrlichen Pragmatismus nennen.
Ehrliche Begeisterung kann Berge versetzen. Klare Problemwahrnehmung ist die Voraussetzung um zu handeln und gut für sich zu sorgen. Wolkenkuckucksheimerige Traumtänzer brauchen viele gute Schutzengel!
Vorschriftsgelenkte „Think-Positiv-Knechte“ geben das Lenkrad des Lebens ab und mutieren zu Untertanen. Das macht auf lange Sicht schwach und krank. Lassen Sie sich also diese „halb voll“ -Sache nicht länger einreden, sondern urteilen Sie selber, was Sie brauchen und richtig finden.
Dann sorgen Sie dafür, dass die allerwichtigste Regel funktionieren kann: Dass nämlich immer genügend Obst im Regal und genügend Flaschen im Keller sind! Und genügend Kraft in Ihrem Herzen.
Sie gehören dann zu jenen, die keinen Burnout bekommen.
Was tun für die Begeisterung?
Sie müssen aus Ihrem Leben alles rauswerfen, was Sie niederdrückt. Ja, leichter gesagt, als getan, das stimmt. Aber ohne dies kommt niemand voran. Oder haben Sie je einen Frachter gesehen, der in See stechen könnte, ohne vorher die Anker gelichtet zu haben?
Das gilt auch für Menschen. Menschen, die Sie niederdrücken, sind keine Freunde.
Nur solche Menschen sind Freunde, die Sie ermutigen und bestärken.
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