12-jährige Mörderinnen

Der Freudenberger Kindermord

12-jährige Mörderinnen: Es macht uns fassungslos, was im März 2023 in der kleinen Stadt Freudenberg passierte: 12- und 13-Jährige locken eine missliebig gewordene sogenannte Freundin in den Wald. Sie hacken mit einem Messer auf sie ein, so oft, dass Psychologen hinterher von einem „Overkill“ sprechen. Sie hacken so lange auf die arme Luise ein, bis sie tot ist oder tot scheint. Sie lebt aber noch. Sie werfen das Mädchen einen Abhang hinunter, was das Auffinden erschwert. Also so rum: Luise würde vielleicht das Grauen überlebt haben, hätte man sie früher gefunden.

Alle schlagen die Hände überm Kopf zusammen.

Lieber Gott, wie kann so etwas passieren?

Er würde sagen: Leute, schaut in den Spiegel! Es ist schon öfter passiert, würde er sagen. Und immer ist der Grund Eure eigene Lieblosigkeit. Das würde er sagen. Glaube ich.

Man vergisst ja die Geschichten, aber schon öfter haben sehr junge Menschen andere zu Tode gequält.

Da gab es diesen Obdachlosen irgendwo in Deutschland, der eine Waldhütte für sich als Refugium entdeckt hatte. Er wurde von ebenfalls vergleichbar jungen Teenagern erschlagen, erstochen, weil die die Hütte lieber für sich wollten.

Oder in England quälten solche Halbwüchsigen ein kleineres Kind zu Tode. Einfach aus Neugier und aus Boshaftigkeit.

Auch in Deutschland vor einigen Jahren töteten schon zwei Mädchen, noch nicht mal 10 Jahre alt, ebenfalls eine Dritte. Als sie die Tat nachstellen sollten, giggerten sie dabei amüsiert, als sei das ein witziges Spiel. Kriminaler und Psychologen konstatierten absolute Empathielosigkeit.

Was ist mit all diesen Heranwachsenden, 12-jährige Mörderinnen, in Freudenberg und anderswo falsch gelaufen? Die Eltern müssen sich das fragen lassen, weil sie in der Verantwortung stehen.

Wie werden Menschen absolut empathielos?

Es gibt einen beliebten neudeutschen Satz, der heißt so: „Jetzt wirst Du aber schon sehr emotional!“

Emotionalwerden gilt als schlecht. Man muss cool sein, cool tun. Das führt zwangsläufig zur emotionalen Abstumpfung, zur inneren Kälte, zur Erbarmungslosigkeit. Woher kommt’s? Es kommt vom Realitätsverlust, der durch die Digitalisierung begünstigt und durch absolute Amoralität anbefeuert wird, die durchs Internet für jedermann zugänglich wird:

  • Pornos, die von Kleinkindern angeschaut werden können
  • Sado-Maso-Mist, den gelangweilte, sensationslüsterne Erwachsene hypen, weil sie emotional verwirrt sind
  • Gewalt-Darstellungen übelster Art (von denen mir allein beim Darüberlesen schlecht wird)

Das Internet als nie dagewesene Herausforderung – wie jedes Werkzeug kann es missbraucht werden und Schlimmes bewirken. Selbstverständlich nicht alle der Generation Schneeflocke sind 12-jährige Mörderinnen. Aber abgestumpft und emotionslos-zynisch sind viele.

„Kids are Heroes“

Was für ein blödsinniger Werbe-Spruch, den ich jetzt wieder auf einer Riesen-Plakatwand las. Was damit gemeint sein mag auch immer – es ist einfach falsch. Es ist verklärender korrumpierender und gefährlicher Blödsinn.

Kinder sind keine Helden, sondern kleine Wunder. Was wir Erwachsenen aus ihnen machen, das hängt von unserer Einstellung ab, von unserem Umgang mit den Kindern. Vielleicht werden sie Helden, vielleicht aber nicht. Nicht alle können Helden sein, nicht alle werden Genies. Nicht alle sind hochbegabt, manche sind einfach pfiffige Handwerker und kraftvolle Sportler ohne Sinn für höhere Mathematik oder Philosophie. Jedes Kind verdient Förderung in seinen Talenten, und jedes Kind verdient herausgefordert zu werden:

Nehmen wir unsere Kinder ganz und gar ernst mit ihren Talenten und Unarten? Oder haben wir Angst vor Ihnen, sobald sie laut und eigensinnig werden? Werden wir rigide, sobald sie unseren Plan nicht erfüllen? Reagieren wir dann beleidigt, texten die Kinder moralinsauer unter Berge von Worten, bis sie resigniert still sind?

Wenden wir uns ab, oder wenden wir uns zu mit Herzenswärme und angebrachter interessierter Neugier, welche Persönlichkeit wir vor uns haben, die dabei ist, sich zu entwickeln? Was ist falsch gelaufen, wenn  12-jährige Mörderinnen werden? Woher kommt dieser Hass, diese Boshaftigkeit, Mitleidslosigkeit?

Ingoranz, Faulheit und Lobhudelei

Die Stanford-Professorin Carol Dweck hat nachgewiesen, was falsches Loben bewirkt. Kinder, die für ihr So-sein oder vermeintliches So-Sein mit falschem Lob überschüttet wurden, stumpften ab, wurden demotiviert.

  • Du bist die Schönste
  • Du bist eben mein Großer
  • Du bist wirklich toll
  • Du bist ein Genie und andere
  • Wattewolken aus unehrlichem Emotionalsüßstoff

Kinder wollen so etwas nicht hören. Kinder müssen und wollen gelobt werden für Leistung. Carol Dweck wies nach, dass Kinder, die für Leistung gelobt worden waren, motiviert wurden, noch mehr zu leisten. Kinder, die bequem für ihr So-Sein gepriesen wurden, gaben sich leicht zufrieden mit leichteren Herausforderungen und entwickelten Leistungs-Vermeidungsverhalten gegenüber anspruchsvollen Aufgaben.

Lobhudelei offenbart den Unernst der Erwachseen und mangelnde Bereitschaft, den Kindern echte Aufmerksamkeit zu schenken, wie sie es brauchen. Klar, das zieht Energie ab vom eigenen Ego. Sonst sprechen wir von emotionaler Vernachlässigung.

Wenn dann jemand auftaucht, der „besser“ ist, schöner, beliebter, wohlhabender, dann werden falsch gelobte und moralisch nicht gelenkte Kinder vielleicht so boshaft, wie die Mörderinnen von Freudenberg.

Moralische Indifferenz erzeugt Amoralität

Das Coolsein ist das Übel der Zeit, weil Menschen zuerst emotionale Wesen sind.

Wer „cool“ ist, bewertet nicht mehr, denn Bewertungen kommen aus dem Bauch raus, in Wirklichkeit also aus dem Herzen heraus, sind willkürlich, sind nicht gerecht, sondern spontan, ursprünglich und eben emotional.

Von Hetzkampagnen, einer Hasswelle gegen die Täterinnen lese ich. Vox Pupuli kreischt im Internet herum. „Kopf ab!“ Nein, das ist nicht schön und nicht vornehm. Aber es ist verständlich. Anders: Es muss verstanden werden.

Wir Menschen sind nämlich eben nicht „cool“, sondern wir haben tiefsitzende atavistisch genannte Gefühle.

Empörung ist nicht „nazi“

Wir wissen, spüren, es ist Teil unseres artspezifischen Überlebensprogrammes, dass man Artgenossen nicht tötet.

Man tötet Feinde, bestraft Artgenossen bei Zuwiderhandlungen gegen allgemeine Lebensgesetze, aber man tötet keine Artgenossen. Das ist inneres Gesetz. Und Rachebedürfnis, Vergeltung, Strafbedürfnis wollen sich wenigstens artikulieren, wenn sie schon durch allgemeine Übereinkunft durch Gesetzgebung in zivilisierte Bahnen gelenkt wurden.

Wird dagegen verstoßen, wie in Freudenberg und noch dazuhin in herzzerreißendem Kontext, dann werden wir wütend. Wir erschrecken, sind empört, wissen nicht, wohin mit unserem Gefühl. Manche werden furchtbar wütend. Andere rationalisieren das Unfassbare und palavern endlos herum, warum das kam und wieso und was man tun muss.

Sicher ist: Keine Gesellschaft der Welt kann es „cool“ dulden, dass so etwas passiert ohne Folgen für die Täter. 12-jährige Mörderinnen – einige Tage nach ihrer Tat werden sie von vielen bemitleidet. Täter-Opfer-Umkehr in der sozialpädagogisierten Gesellschaft, die Verantwortung als Prinzip ablehnt.

Rette sich, wer kann, wo alles erlaubt ist

„Wer nicht will, dass die Welt sich ändert, der will nicht, dass sie bleibt.“ Dieser weise Satz ist von Erich Fried, einem ehemals sehr bekannten deutsch-österreichischen Denker und Lyriker.

Narrative müssen also von Zeit zu Zeit überprüft werden.

  • „Strafe an sich hat keine abschreckende Wirkung.“

Das müsste dringend neu durchdacht werden, finde ich. Es muss neu kommuniziert werden, dass jegliches Tun Folgen und Konsequenzen hat. Es ist falsch, Kinder nicht zu kritisieren und nicht zu bestrafen.

  • „Kinder unter 14 Jahren sind strafunmündig“

Das müsste in Zeiten der Erziehung durchs Internet, Frühsexualisierung durchs Internet auch neu durchdacht werden, finde ich.

  • „Täter sind auch nur Opfer!“

Das ist ein exculpierendes falsches Denkprinzip. Es ist entsprungen aus falschem antibürgerlichen Denken der Post-68er-Jahre. Das muss zwingend neu durchdacht und anders bewertet werden.

Unentschuldbares kann nicht entschuldigt werden. Keine freie Gesellschaft kann bestehen ohne Selbstverantwortung ihrer Mitglieder.

12-jährige Mörderinnen spiegeln uns was

Und nicht nur sie, sondern auch die vielen ungehemmt-aggressiven jungen Männer, die das Temperament ihrer kulturfernen Herkunftsländer nach Europa hineingetragen haben. Auch sie zeigen uns, wie wehrlos wir geworden sind aus Wohlstandsbequemlichkeit und Gleichgültigkeit und zwar nicht nur gegenüber Messerattacken, sondern auch gegenüber korrupten Politikern.

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Ich denke, unsere Gesellschaft ist ziemlich abgewirtschaftet. Das letzte Kapitel meines „Tiger-Buches“ erörtert aus dem Dialog mit Klienten heraus die Frage, ob es Zeit ist für eine Aristokrateia. Nach Platon und Aristoteles löst diese zwingend Demokratie ab, wenn diese verkommen ist zur Herrschaft der Schlechtesten, der Pöbelherrschaft oder Ochlokratie. In dieser suchen nicht nur Politiker brutal nur noch den eigenen Vorteil, sondern alle neigen dazu. Die Menschen büßen jede zivilisatorische Disziplin ein und agieren hemmungslos Triebe und Begierden aus.

Selbstverantwortung ist gefragt. Man kann Entwicklungen nicht rückgängig machen, man kann aber jederzeit in Verantwortung gehen und Leben neu gestalten. Das müssen wir tun aus reiner Selbstliebe.

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