Über den Anstand

 

Der Anstand in depressiver schwieriger Zeit

Anstand!? … Ich stehe nicht an, Anstand zu verlangen …. Er musste an der Grenze gar nicht anstehen (weil sie weg war) …. sie stand nicht an, ihrem Chef mal richtig die Meinung zu sagen …. Bei Duden Online kann man lesen, Anstand sei süddeutsch, österreichisch und veraltet.

Hoho, das ist jetzt witzig, das finde ich auch. Anstand ist schwer aus der Mode gekommen.

Zum Beispiel Merkel

… deutsche Kanzlerin, sagte gestern in einer politischen Talkshow, der Fall Susanna tue ihr leid. Ja, sagte sie, politisch betrachtet, habe sie die Verantwortung. Ahoi, das ist stark: Der politische Anstand, wie ich ihn kennengelernt habe, verlangt, dass diese Frau spätestens jetzt, wo sie sogar selbst erkennt, die politische Verantwortung zu haben, zurücktritt vom Amt.

Anstandslos

Es geht um diese Gewaltwelle, die schon vielen Frauen das Leben gekostet hat. Die junge pubertierende Susanna hat sich in Gefahr begeben und ist darin umgebracht worden, vorher noch vergewaltigt, mehrfach vermutlich. Einer der zahlreichen Flüchtlinge, die Deutschland seit 2015 überschwemmen,  ist der Täter. Sie rufen „Asyl“ und dürfen dann ohne Papiere – anstandslos – Grenzen passieren, die besagte Merkel im Herbst 2015 faktisch beseitigt hat. Sie verfügte, jeder, der wolle, dürfe ins Land kommen. Seither wurden viele Frauen vergewaltigt, viele ermordet. Fast täglich liest man von „Asylbewerbern“, die sich mit Gewalt, Messern und Macheten nehmen, was sie wollen. Öffentliche Ordnung und Sicherheit wackeln gewaltig.

„Als Anstand wird in der Soziologie ein als selbstverständlich empfundener Maßstab für ethisch-moralischen Anspruch und Erwartung an gutes oder richtiges Verhalten bezeichnet. Der Anstand bestimmt die Umgangsformen und die Lebensart“, heißt es bei Wikipedia.

Anstandslos depressiv

Deutschland ist ein depressives Land. Es fehlen starke Vaterfiguren, die Menschen beugen sich unter einem Schuldkomplex, ducken sich weg, nutzen ihre demokratischen Rechte nicht mehr, haben Angst, machen politische Witze hinter vorgehaltener Hand, wie man es aus Diktaturen kennt. Deutsche lassen sich widerspruchslos irrwitzige Knebel-Gesetze aus Brüsseler EU-Beamtenstuben aufs Auge drücken ohne Widerstand. Jüngstes Beispiel die monströse DSGVO/Europäische Datenschutzverordnung, die in ihrer Verworrenheit und Unlogik enorme wirtschaftliche Energien bindet und das freie Spiel der freien innovativen Kräfte killen wird, weil es die Kräfte verunsichert. Nächstens wird ein EU-Erbschaftsrecht folgen, das alles, was in Deutschland diesbezüglich als Recht, Ordnung und Anstand empfunden wird, über den Haufen werfen wird.

Die Menschen würden sich wehren, würden sie sich trauen, was sie tun würden, könnten sie auf den Anstand der alten Bundesrepublik Deutschland bauen. Engländer nennen das auch Common Sense.

Anstandslos hasserfüllt

Ich habe in meinem Leben bereits zwei Parteineugründungen erlebt. Die erste in den 80er Jahren war die der Umweltparei „Die Grünen“. Die wurden, neu in den Parlamenten, gehörig von den alten Parteien angeholzt, dann merkte man: „Es sind auch Menschen!“, man ging Biertrinken, man gewöhnte sich aneinander. Nun gab es wieder eine Neugründung, diesmal auf dem rechten politischen Flügel: Die AFD sitzt in den Parlamenten und ihre Abgeordneten werden nicht angeholzt, man geht auch nicht Biertrinken mit ihnen. Sie werden behandelt, als wären sie keine Menschen.

Mit steigendem Rückhalt bei den Wählern wird sich das ändern. Im Moment aber ist der Sittenverfall atemberaubend und zeitigt widerliche Unanständigkeiten:

Pranger

Die Neuen werden diffamiert, verfemt als „Nazis“ – alle Anstandsregeln, alle Beißhemmungen scheinen außer Kraft. Ein selbsternannte Künstlergruppe etwa durfte ohne Einschreiten von Polizei und Staatsschutz das Grundstück eines AFD-Politikers in Thüringen wochenlang belagern, die Familie an den Pranger stellen, bespitzeln, fotografieren, filmen.

Berlichingen

Die stellvertretende Bundestagspräsidentin wendet sich bei AFD-Redebeiträgen demonstrativ ab, um  Ekel gegen die politische Konkurrenz zu demonstrieren. Sie ist ausgerechnet bei den Grünen, die in ihrer Vergangenheit auch für „mehr Demokratie, Gleichheit, Gerechtigkeit, Buntheit und Vielfalt“ angetreten waren. Sie kehrt dem Plenarsaal, damit den demokratischen Stellvertretern des Volkes, den Rücken zu, als wolle sie das geflügelte Götz-von-Berlichingen-Wort verkörpern, das hier zu zitieren der Anstand verbietet.

Vogelschiss

Gehässigkeiten dieser Art sind an der Tagesordnung. Auch ehrabschneiderische Wortverdrehungen, absichtsvolle Sinnentstellungen gehören dazu! So wurde dem Oberboss der AFD unterstellt, er habe mit dem markanten Satz, die Nazi-Zeit sei ein Vogelschiss gemessen an einer 1000-jährigen Geschichte Deutschlands, in Wirklichkeit die im NS-Regime Ermordeten verunglimpfen wollen. Gemeint hatte er, die Deutschen müssten an den ehrenvolleren Abschnitten ihrer Geschichte anknüpfen und aufhören, sich nur an die Verbrechen zu erinnern.

Psychologisch betrachtet forderte er zur Änderung des Attribuierungsstils auf. Die Art der Attribuierung ist spielentscheidend für Lebenserfolg und Glück: Wer sich nur ans Schlechte erinnert, wird depressiv. Wer sich an das hält, was erworben wurde an Potenzial durch die Überwindung des Schlechten, wird stärker. Das ist Resilienz-Psychologie modernster Art.

Ochlokratie ohne Verantwortung, Eleganz und Witz!

Ochlokratie heißt „Herrschaft des Pöbels“ und ist nach Aristoteles zwingende Entartung der Demokratie. Hoffentlich hat er nicht recht!

Anstand, Witz, Eleganz haben in Deutschland wundervolle Tradition. Als ich kleines Kind war, hieß der Kanzler Adenauer. Mein Vater war Sozialdemokrat und konnte den Adenauer nicht leiden, obwohl der wie mein Vater ein Nazi-Gegner gewesen war und mit unkonventionellen Aktionen, Verhandlungen mit der UdSSR nämlich, bewirkte, dass Männer wie mein Vater nach und nach aus der Kriegsgefangenschaft endlich entlassen wurden. Ich fand Adenauer deswegen toll, weil er dies sagte: „Was jeht misch mein Jeschwätz von jestern an, darf isch nid klüger werden über Nacht!?“

Hahahaha, das fand ich kreativ, und ist es auch. Wer irgendetwas als alternativlos betrachtet und nicht über Nacht neue Ansichten und Wege entdeckt, ist dumm und eben nicht kreativ. sagt die Kreativitätsforschung.

Und der andere Kanzler von der SPD, der lebenslustige Willy Brandt, der in Warschau den Kniefall vor den Opfern der NS-Diktatur machte und die Welt um Verzeihung bat. Was für ein Anstand! Und der zurücktrat, weil die gegnerische DDR ihm einen Spion untergejubelt hatte. Wegen so was trat der zurück! Er übernahm Verantwortung für eigene Unvorsichtigkeit und für die seiner Leute einschließlich der Geheimdienste.

Und Rosemarie Nitribitt von dem Foto oben war nicht Kanzlerin. Sondern war, hörte ich damals flüstern, eine Edelhure. Ich hatte keine Ahnung, was eine Edelhure war, aber fand ihre Kleider sehr edel und damit hatte der Begriff, nahm ich an, zu tun. Ich glaube, die Nitribitt wäre nicht im Traum auf die Idee gekommen, ihren Busen für Fotos bloßzulegen und die Fotografen unter ihre Röcke schauen zu lassen, ob sie wohl einen Schlüpfer trüge oder nicht. Wie das heute Schlagersängerinnen tun. Ich glaube, sie hat ihren Wert und damit den Tagessatz ins Unermessliche gesteigert, gerade weil sie das nicht tat, sondern sich anständig gab.

Anstand gibt Sicherheit und Selbstwert

Wenn Sie sich darauf verlassen können, dass Ihr Chef kompromisslos für Sie einsteht, würden Kollegen Sie diffamieren und mobben, dann vertrauen Sie diesem Chef und seinem Anstand. Wenn Sie wissen, dass man Ihnen bei Personalgesprächen wirklich zuhört und ehrliches Feedback für Ihre Leistung gibt, dann werden Sie Ihrerseits nicht hintenrum gegen die Chefs stänkern, sondern aus reinem Anstand Loyalität zeigen. Das moderne Wort, das Sie verwenden würden, heißt Fairness.

Aber Anstand geht viel weiter, hat mit Rücksichtnahme zu tun, mit Empathie, mit Liebe, genau betrachtet: Liebe zu sich und zur kulturellen Tradition in der man steht.

Und hier zeigt sich der Weg: Bestimmte Dinge tut „man“ aus Anstand einfach nicht und man tut sie deshalb nicht, weil man sich selber liebt. Hat wiederum mit Würde zu tun, mit Selbst-Achtung und Vertrauen ins eigene Potenzial und mit hohem Selbstwertgefühl. Andere Dinge muss man aus Anstand tun: Man tritt zurück, wenn man politische Verantwortung für ungeheuerliche Verbrechen trägt und kümmert sich um seinen Seelenfrieden.

Sie und der Anstand

Machen Sie eine kleine Bilanz:

Das ist eine hübsche Übung für Selbstwert-Gefühl.

Denken Sie sich zu Beginn eine 10er-Skala für Ihr momentanes Selbstwert-Gefühl. Null wäre wenig, 10 das Maximum. Spüren Sie hin, sagen Sie aus dem Bauch raus, spontan eine Zahl.

  • Was würden Sie aus Anstand niemals tun?
  • Was empfinden Sie in heutiger Zeit als unanständig, was ärgert Sie?
  • Wen haben Sie schon für seinen/ihren Anstand bewundert und warum genau?
  • Was würden Sie – denken wir in politischen Kategorien – (hätten Sie die Macht) aus reinem Anstand sofort ändern?
  • Welche Traditionen, Bräuche, Gepflogenheiten Ihres Vaterlandes sind Ihnen tief im Herzen heilig?

Wenn Sie alle Fragen beantwortet haben: Wie hoch ist nun Ihr Selbstwert-Gefühl?

 

Das Foto von Rosemarie Nitribitt fand ich im Portal Rheinische Geschichte. Es befindet sich in der „Kriminaltechnischen Sammlung“ des Polizeipräsidiums Frankfurt/Main. Wem die Urheberrechte  gehören, ist unbekannt. Rosemarie Nitribitt wurde im Oktober 1957 ermordet, der Fall konnte bis heute nicht aufgeklärt werden.