Bayernwahl 2018 ohne Ziele

Bayernwahl 2018

Strategie 18 Prozent

Erinnert sich noch jemand an den Westerwelle?

Für mich als lösungsorientiert und zielfokussiert denkende Frau war die Wahl gestern in Bayern vor allem in einer Hinsicht grandios spannend: Gewonnen haben die, die mit klaren Zielen operiert haben. Verloren haben die anderen. Meine Güte, ja mei, wie man hier sagt: Wie lehrreich. wenn es doch endlich auch gelernt würde!

Ziele bringen zum Ziel!

Große Ziele bringen zu großen Zielen!

Damals der freche Westerwelle, noch lange nicht Außenminister und noch nicht von Merkel hypnotisiert, druckte sogar auf seine Schuhsohlen die magische Zahl 18. 18 Prozent, das wars, was er für die FDP bei der Bundestagswahl 2002 erreichen wollte. In einer Landtags-Wahl davor hat die Strategie 18 annähernd funktioniert. Es hätte noch besser geklappt, hätten die Liberalen damals an einem Strang gezogen, anstatt den Dolch im Gewande herumzuführen und gegen den jungen nonkonformistischen Schwulen mit der stürmischen Intelligenz anzustänkern.

Die Gewinner der Bayernwahl 2018 hatten Ziele!

Die Grünen und die Freien Wähler

Zu allererst muss man die Grünen nennen, die mit dem Postulat der Zweistelligkeit und der klaren Ansage „Wir wollen regieren“ operierten. Das Anpöbeln der politischen Gegner überließen die hippen und gut fotografierten Spitzenkandidaten dem Bundesvorsitzenden. Der hetzte herum, während sich die beiden Spitzenkandidaten gegen die Hetze wandten. Wie bekannt haben die Grünen die Zahl ihrer Wähler verdoppelt. Was für ein Erfolg!

Die Freien Wähler werden vermutlich ihr Haupt-Ziel auch erreichen: Sie haben mehr Stimmen als früher auf sich gezogen und das ebenfalls mit der klaren Ansage: Wir wollen in die Regierung. Das werden Sie schaffen, sollte im potenziellen Koalitionspartner CSU nicht noch die große Revolution ausbrechen. Gute Fotografen sind wichtig, lernen wir. Und vor allem klare Zielaussagen sind wichtig.

Die Haupt-Verliererin heißt CSU

Sie haben verloren, weil sie kleine Ziele hatten.

Ein kleines Ziel ist ein undynamisches albernes Ziel ohne Vision.

Hauptverlierer ist die CSU, weil die Superverliererin SPD ohnehin im Abwind ist und schon nicht mehr von Betracht. Aber beide eint, dass sie nur eines wollten: Bleiben. Das ist ein albernes Ziel.

Bei der SPD geht es ganz grundsätzlich ums Überleben, weil sie im großen Ganzen einen suizidalen Kurs fährt, der nur dem Machterhalt dienen will, was selbst von den Dümmsten durchschaut wird. Vermutlich wirkt hier ein negatives Ziel, vielleicht dies: „Bloss nicht die GroKo verlieren, bloß nicht meinen Posten verlieren.“ Negative Ziele werden erreicht, weil das Gehirn dieses „Nicht“ einfach nicht kapiert.

Die CSU wollte als stärkste Partei in Bayern überleben, mehr nicht. Diese Ziel hat sie vorläufig auf niederem Niveau erreicht. Die CSU gilt als innerlich korrupt und vollkommen verkrustet, kritische Stimmen haben kaum Raum, uralte visionslose Patriarchen verhalten sich so, wie pensionsreife Firmengründer, die das Unternehmen ruinieren, weil sie nicht rechtzeitig gute Nachfolger ausgesucht haben. So kam die Blamage vom Wahlsonntag am 14. Oktober 2018, die in die Annalen eingehen wird.

Die Neben-Verliererin ist die AFD

Eine Alternative ohne Biss. Obwohl allseits als so böse verfemt, die AFD verfehlte die Offensive.

Diese neue Partei müsste eigentlich die größten Ziele gehabt haben, die besten Fotografen und die hippsten Spitzenkandidaten. Nichts davon war zu erkennen. Die Alternative für Deutschland erhebt mit ihrem Namen den Anspruch, besser zu sein, als alle anderen. Das Postulat allein reicht aber nicht, man muss es offensiv kommunizieren und auch schön verkaufen – womit wir wieder bei den guten Fotografen und Werbeleuten sind.

Vor allem aber fehlten große kühne Ziele. Diese junge Partei hatte nur das eine (verzweifelte) Ziel: Reinkommen ins Maximilianeum, egal wie. Das haben sie erreicht. Aber sie können die CSU nicht mal im Ansatz zur Kooperation zwingen – was das richige Ziel gewesen wäre, machttaktisch logisch.

Für den großen Erfolg fehlte es an der nötigen Bissigkeit, die man von Herausforderern erwartet. Vielleicht hat die undemokratische Verleumdungskampagne gegen die Neuen gewirkt, vielleicht haben die beständigen Attacken die Nerven zerrieben und die Kühnheit vertrieben, die es braucht für große Angriffs-Ziele, die der Sieg verlangt.

Die AFD-Verleumdungen künden von einem in Deutschland nach 1945 unbekannten neuen und üblen Politstil. Wer so übel angegriffen wird, kann nur in die Offensive gehen. Müsste, hätte gemusst.

Aha! Ja! Angriff ist häufig die allerbeste Verteidigung – große Ziele sind Angriffsziele.

 

Warum klein, wenn auch groß geht?

Ziele helfen, Ziele zu erreichen. Ziele machen stark. Und Ziele helfen auch in vermeintlich aussichtsloser Lage nach vorne. Weil Ziele Begeisterung aktivieren.

Ziele verkünden einen Machtanspruch.

Probieren Sie mal. Sie werden merken, schon das angeblich Unmögliche ist für unser auf Pragmatismus festgelegtes Gehirn nicht leicht zu ermitteln. Und Sie werden lachend Freudensprünge machen, sobald Sie es entdeckt haben. Das macht Spaß und bringt Energie. Das Verdoppeln auch.

Dann sind also Entscheidungen fällig! Große Ziele allerdings zwingen uns meistens auch zu großen Entwicklungen. Also, ja, große Ziele können anstrengend sein, aber kleine Ziele langweilig. Große Ziele aktivieren Kraft, kleine Ziele nicht.