Gegen Entmündigung

Entmündigung kann auch „Normalen“ passieren

Das hätte ich bis vor vier Tagen nicht geglaubt. Um ehrlich zu sein: Ich habe überhaupt nicht an „so was“ gedacht.

Entmündigung passiert doch letztlich nur denen, die jedenfalls irgendwie plem-plem sind. Oder? Wo Rauch ist, ist schließlich auch Feuer. Wird schon irgendwie einiges nicht gestimmt haben mit etwa diesem Gustl Mollath, den seine Frau denunzierte aus Geldgründen, der zwangsweise in die Hochsicherheits-Psychiatrie eingewiesen und dort 8 Jahre festgehalten wurde – ehe couragierte Mitmenschen und Anwälte ihn endlich befreiten.

Entmündigung gibts übrigens in Deutschland gar nicht mehr. Der Name hat gewechselt: Es heißt jetzt verniedlichend „Betreuung“.

„Betreuung“ bedeutet im Klartext, dass eine gerichtlich bestellte Person in Ihrem Namen über Ihren Aufenthaltsort, Ihre Finanzen und jegliche medizinische Behandlung Ihrer Person entscheiden darf. Lehnen Sie diese Art der Betreuung ab, kann ein Gericht sie anordnen; auch gegen Ihren Willen.

Erbschleicher machen das gerne

Stellen wir uns mal vor, eine hübsche aber weiters nicht bedeutende Frau angelt sich einen wohlhabenden Mann. Sie bekommt mit diesem ein Kind. Das und die Ehe sind ihre Altersversicherung. Der Mann wird eines Tages von seinem Vater ein sehr beträchtliches Vermögen erben. Wie schick! Es sei denn ….

Es könnte etwa passieren, dass der Mann vom Vater wegen andauernden Streitigkeiten in der Familie, die immer die unliebe Schwiegertochter anzettelt, eines Tages vom Vater enterbt würde, weil der endlich die Nase voll hat. Neu als Haupterbin eingesetzt würde stattdessen die vom Opa sehr geliebte einzige Enkelin, die ohnehin von der kontrollsüchtigen Mutter psycho-terrorisiert wird, weil die Enkelin inzwischen kein Kind mehr ist, sondern volljährig und sich nicht weiter terrorisieren lassen will. Und weil der Opa Mitleid bekommen hat und sich eh nicht noch länger auf der Nase herumtanzen lassen will.

Soll man nicht gleich Opa entmündigen?

Ob Sie es glauben oder nicht: Die Eheleute könnten den Vater/Schwiegervater leicht entmündigen lassen bzw – Pardon – einer „gesetzlichen Betreuung“ zuführen. Sie bräuchten im Grunde nur einen Psychiater dafür, der dem Alten Demenz und mangelnde Geschäftfähigkeit attestiert und einen Richter, der das glaubt. Und schon könnte man dem Opa die Zwangsjacke anlegen – man würde ihn in eine geschlossene Psychiatrische einweisen und ihm dort den Kopf mit Psychopharmaka zunebeln. Alles Rechtens.

Au, viel trickreicher aber noch wäre es, man würde die eigene renitente Tochter der Psychiatrisierung zuführen. Au ja, das machen wir, denn das schlägt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, nicht wahr?

Sie glauben mir nicht? Dann hören Sie sich bitte hier ein kurzes Interview an, in dem ein Münchner Fachanwalt Ihnen die Sache erklärt.

Ich hatte gestern schon berichtet, was einer meiner Klientinnen gerade widerfahren ist und widerfährt. Eine Freundin hat sie inzwischen angerufen, weil man ihr zwar Handy und Labtop weggenommen hat, weil es aber auf jeder dieser Stationen ein „Patiententelefon“ geben muss, von dem aus man telefonieren dürfen muss. Die hochbegabte, hochsensible Klientin ist völlig verängstigt, hat keinen klaren Kopf, weiß nicht, wie ihr geschieht. So wird mir berichtet. Das Gespräch konnte aber nicht lange geführt werden, weil die Mutter der Klientin ins Zimmer kam und der Tochter nach scharfen Worten das Telefon aus der Hand riss. Jetzt meinen Sie, die junge Frau sei sicher doch irgendwie verrückt, oder?

Sie sagte der Freundin am Telefon, man behaupte, sie habe den Balkon hinunterspringen wollen, sie sei also suizidal. Sie könne sich aber an gar nichts mehr erinnern. Es habe allerdings an dem Abend Höllenstreit mit den Eltern gegeben, weil sie mitgeteilt hatte, ausziehen zu wollen. Die Tochter strebt nach Freiheit.

Freiheit statt der toxischen Mütterlichkeit … die Mutter nennt ihre volljährige Tochter „frech“, sofern diese eine eigene Meinung äußert. Und die Mutter bezeichnet es als „Du verrennst Dich schon  wieder“, wenn die Tochter Kritik äußert. Es ist ja alles relativ. Bewertungen sind individuelle Meinungen und ihre Durchsetzbarkeit ist eine Machtfrage. Bei Entmündigungsverfahren geht es um Macht und auch um deren Missbrauch. Die Mutter hat ihre volljährige Tochter erst geschlagen. Als das nichts nützte, hat sie das Verfahren der Entmündigung ins Rollen gebracht.

 

Patientenverfügung statt Entmündigung

Ich habe inzwischen mit Anwälten gesprochen. Alle sagen: Wer einmal „drin“ ist, kommt schwer wieder raus. Kann auch selber keinen Anwalt beauftragen,  jene Rechtsmittel gegen denn Richterbeschluss einzulegen, was der Gesetzgeber vorsah. Es können nur Menschen einen Anwalt beauftragen, denen nicht die Geschäftfähigkeit entzogen wurde, was aber mit dem Richterbeschluß in der Regel verbunden ist …. da beißt sich dann die Katze in den Schwanz.

Der Anwalt könnte gegen die untreuen Verwandten oder sonstigen eingesetzten „Betreuer“ Strafanzeige stellen wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung – würde er nur beauftragt werden können. Es herrscht also Willkür in Deutschland!

Verhindern können wir solches Unglück nur durch eine Patientenverfügung, die ausdrücklich psychiatrische Untersuchungen untersagt und so die Entstehung psychiatrischer Diagnosen verhindert. Alles darüber findet sich, scheint mir, etwa auf dieser Seite: Patientenverfügung. Es findet sich dort auch das entsprechende Formular, mit dem man zu einem Notar gehen kann, um es besiegeln zu lassen.

Patientenverfügung ist viel mehr, als die Regelungen für den Worst Case im Krankenhaus, den wir alle doch sehr gerne aus unseren Gedanken sowieso verdrängen. Entmündigung könnte lange vorher der Worst Case sein:

Jeder, ob Nachbar, Verwandter, Freund oder Arzt kann für Sie bei Gericht eine rechtliche Betreuung beantragen, auch wenn Sie dies nicht wollen.
Unfassbar. Und es passiert solcherlei nicht immer nur „den anderen“ …. und auch die brauchen dann Hilfe.

So ging die Entmündigungs-Geschichte aus

Mit Hilfe eines engagierten Anwaltes gelang es der Klientin und mir, ihre Entmündigung abzuwehren. Als reines Gottesgeschenk empfanden alle Beteiligten das Auftauchen einer Betreuungs-Richterin, die ihren Beruf  ganz offenbar ernst nimmt, die sich ihrer Macht und Verantwortung bewusst ist.
Sie tat, was – sagen Fachleute – eigentlich nie vorkommt: Die Richterin stellte ihre eigene Einschätzung über die des Gutachters. Dieser hatte im Wesentlichen die Vorgutachten abgeschrieben. Die Richterin vertraute ihrem eigenen Eindruck, den sie aus persönlichen Gesprächen mit der Klientin, deren Anwalt und mir, dem Coach, gewonnen hatte. Sie gab meine Klientin frei.
Sollten Sie juristischen Rat im Betreuungsrecht benötigen: Hier geht es zu dem couragierten Anwalt.