Was ist der Sinn des Lebens

„Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben: Entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder.“

Lebenssinn, Sinn des Lebens? Albert Einstein, der Genie-Kopf hat viel dazu gesagt, auch die Überschrift ist von ihm.

Wenn ich meine Enkeltochter anschaue, wird mir wieder klar, was ich dachte und fühlte, als ich meinen Sohn, ihren Papa, bekam und miterleben durfte, was da alles an Wundern passiert. Der Sinn des Lebens ist es, diese Wunder zu erleben?

Oder ist nicht vielmehr der Sinn des Lebens, an diesen Wundern mitzustricken? Teilhabe, mitmachen, Steine ins Wasser schmeißen und schauen, welche Kreise sie ziehen, sich freuen.

Der alte Mann und der Tod

Ich spreche von Martin Walser, der jetzt mit 96 Jahren gestorben ist, und der ein Heroe meiner jüngeren Jahre war. Denn es wird ja heute viel geschrieben auf Twitter, Facebook undsofort. Tatsache ist aber, dass nur wenige „schreiben“ können. Dinge erfassen auch hinter den Dingen, Menschen, Gefühle, Zusammenhänge. Und ihnen dann Ausdruck verleihen, das können nur wenige noch dazuhin auf die Weise, die man „Stil“ nennt. Martin Walser konnte das. Und jetzt ist er tot, hinerlässt vier Kinder und ein Riesenwerk an Romanen, Hörspielen, Theaterstücken, Essays.

Vor hundert Jahren, in den angeblich Roaring Twenties gab es in Deutschland eine Vielzahl literarischer Genies. Lion Feuchtwanger, Jakob Wassermann, die Brüder Heinrich und Thomas Mann und wirklich viele andere, die von den Digital Natives heute kaum noch jemand kennt. Ist das nicht furchtbar? Oder ist das der Sinn des Lebens, dieses Blühen und Vergehen? Immer wieder neue Wunder oder aber Vergeblichkeiten?

„Nichts ist ohne sein Gegenteil wahr“, hat Martin Walser mal gesagt.

Die alte Nachbarin gibt vielleicht auf

So scheint es jedenfalls, das soll nicht überheblich sein, es scheint mir einfach so. Und es berührt mich sehr. Eines Morgens war sie aus dem Bett gefallen, die 90-jährige schmale Person, die ich nur gelegentlich am Briefkasten sah, wo wir dann ein paar Worte wechselten. An diesem Morgen in der Sommerhitze war sie gar nicht klar im Kopf, sondern verwirrt. Sie fragte nach ihrem Mann, der schon länger tot ist, und sagte, sie müsse dringend in die Praxis. Wir konnten sie zu Zweit vom Boden aufrichten und in ihren Sessel setzen, wo sie immer wieder nach vorne sackte und den Kopf mit den weißen gepflegten Haaren hängen ließ. Ich hatte sie noch nie im Nachthemd gesehen und die Zartheit ihrer Glieder beschämte mich, weil es ja nicht gedacht war, dass ich sie so sah. So nackt, hinfällig und nahe dem Tod.

Jetzt hat die Familie eine Pflegerin aus Polen engagiert, die dann immer bei der Mama wohnen kann. Ja, und wir wissen, wie diese Geschichte ausgeht. Und wenn wir nach vorne schauen, wissen wir sogleich, dass unsere Geschichte auch irgendwie enden wird.

„Das Sterben, so hörte ich, sei nicht weiter schlimm. Na gut, solange ich nicht dabeisein muss ..!“ so schrieb jemand auf Twitter kürzlich. Ja, makaber, lachen Sie ruhig.

Der Sinn des Lebens … wo, wie, wann …

Dann traf ich die freundliche Psychotherapeutin hier im Haus. Sie kommt mir klug und weise vor, wir stimmen in vielem überein, was eine Freude ist. Weil wir ja aus unterschiedlichen Richtungen kommen. Zum Beispiel lehnen wir beide die Psychoanalyse ab, weil das so eine dogmatische Sache ist. Beide kennen wir aber Analytiker, die überaus gebildet sind, wissend, erfahren und auch dadurch große Klugheit besitzen.

Die Therapeutin sagte, sie habe keine Angst vor dem Tod und denke auch nicht daran. Nicht oft. Sie denke mehr und mehr, wir hätten doch in unserem Leben eine verdammt gute Zeit erwischt. Wir sind beide Babyboomer. Sie wissen ja, dass sind die beiden Kohorten des deutschen Wirtschaftswunder, die jetzt allmählich aus dem Erwerbsleben aussteigen und Leerstellen hinterlassen.

In den 1970er und 80er Jahren hatten wir die Blütezeit, die sie ansprach, und es war eine Blütezeit mit viel Unbekümmerung und Freiheit.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

PGRpdiBjbGFzcz0nYXZpYS1pZnJhbWUtd3JhcCc+PGlmcmFtZSB0aXRsZT0iI0JSRCB3YXIgI0ZSRUlIRUlULiBJY2ggd2lsbCBkaWUgRnJlaWhlaXQgenVyw7xjayEgQERyV2FsdHJhdWRCZXJsZUNvYWNoaW5nIiB3aWR0aD0iMTUwMCIgaGVpZ2h0PSI4NDQiIHNyYz0iaHR0cHM6Ly93d3cueW91dHViZS1ub2Nvb2tpZS5jb20vZW1iZWQvTlBOdHpiOFpFVE0/c3RhcnQ9NDc1JmZlYXR1cmU9b2VtYmVkIiBmcmFtZWJvcmRlcj0iMCIgYWxsb3c9ImFjY2VsZXJvbWV0ZXI7IGF1dG9wbGF5OyBjbGlwYm9hcmQtd3JpdGU7IGVuY3J5cHRlZC1tZWRpYTsgZ3lyb3Njb3BlOyBwaWN0dXJlLWluLXBpY3R1cmU7IHdlYi1zaGFyZSIgYWxsb3dmdWxsc2NyZWVuPjwvaWZyYW1lPjwvZGl2Pg==

Blick zurück in Dankbarkeit

Ja, machen Sie mal! Das schadet garantiert nicht, sondern hebt die Mundwinkel.

Wir dachten zusammen an die 80er, die Therapeutin und ich:

  • Frieden war Konsens, denn „nie wieder Krieg“ war Konsens
  • Die Leute sagten unbesorgt ihre Meinung
  • Die Corona-Hysterie der Zukunft hätte sich absolut niemand vorstellen können
  • Staatliche Übergriffe? Lockdowns? Unmöglich, völliger Quatsch!
  • Niemand redete über LGBT – die Schwulen lebten halt nebenan und basta
  • Das Ideologische war hinter dem eisernen Vorhang
  • Der Westen tanzte das Leben mit Hip-Hop, Rock, Pop-Musik
  • Wir hatten Vertrauen in den Staat und lebten Demokratie
  • Die Kirchen hatten noch einige Hunderttausend Mitglieder mehr

So war das. Jetzt läuft es hier auf das Hieronimus-Zitat raus: „Traure nicht über Verlorenes, sondern freue Dich am Erlebten.“ Das ist jetzt irgendwie kitschig, weil es natürlich stimmt.

Ist das Glas voll oder halbleer?

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

PGRpdiBjbGFzcz0nYXZpYS1pZnJhbWUtd3JhcCc+PGlmcmFtZSB0aXRsZT0iRHIuIEJlcmxlIHwgR2xhcyBoYWxidm9sbCBvZGVyIGhhbGJsZWVyPyBEYXMgc2FndCBkZXIgQ29hY2ggZGF6dS4iIHdpZHRoPSIxMzMzIiBoZWlnaHQ9IjEwMDAiIHNyYz0iaHR0cHM6Ly93d3cueW91dHViZS1ub2Nvb2tpZS5jb20vZW1iZWQvSk42N3JHSGdOLTg/ZmVhdHVyZT1vZW1iZWQiIGZyYW1lYm9yZGVyPSIwIiBhbGxvdz0iYWNjZWxlcm9tZXRlcjsgYXV0b3BsYXk7IGNsaXBib2FyZC13cml0ZTsgZW5jcnlwdGVkLW1lZGlhOyBneXJvc2NvcGU7IHBpY3R1cmUtaW4tcGljdHVyZTsgd2ViLXNoYXJlIiBhbGxvd2Z1bGxzY3JlZW4+PC9pZnJhbWU+PC9kaXY+

Zu leben ist Sinn des Lebens

Ist der Sinn des Lebens das, dass wir bewusst und begeistert leben, unsere Chancen nutzen und die Vitalitäts-Gläser nachfüllen?

Ich glaube das. Und ich glaube, dass jeder Mensch seine individuelle Aufgabe dabei hat, das Wunder LEBEN  zugestalten.

Würde man das tun, „als wäre nichts ein Wunder“, dann wäre man einfach pflichtbewusst, scheint mir.

Würde man das tun, als wäre alles ein Wunder dann würde man zu den Lebensbegeisterten gehören, die leicht andere mitreißen können.

So oder so: Jeder Mensch ist eine unverwechselbare Mischung aus Können, Talenten, Stärken und sollte dieses Potenzial kennen, so dass es zur Blüte gebracht werden kann.

Zwei Fragen für den Sinn des Lebens

Ein Leben, das nicht zur größten Vitalität erblüht, ist am Ende ein trauriges Leben. Weil wir, wenn es vorbeigeht, immer das bedauern und betrauern, was wir nicht getan haben.

Man sollte sich deswegen die folgende Frage mindestens ein Mal pro Woche stellen und beantworten:

1. Wenn Du wüsstest, dass Du morgen sterben würdest – auf was wärest Du dann stolz?

2. Welche Versäumnisse würdest Du Dir vorwerfen? Und was davon lässt sich aber jetzt bald oder sofort noch richten?

Herzliche Grüße

Dr. Waltraud Berle