Vor dem würdevollen Sterben …

Pflegeheim und Sterbehilfe statt Lebensliebe

Vor dem würdevollen Sterben käme das würdevolle Leben! Das ist meine Meinung.

Auch wenn es sich wahnsinnig lieb und human anhört: Man muss totgeweihten Menschen helfen zu sterben, damit sie nicht mehr als nötig leiden müssen. Da müssten Gesetze her, heißt es, um das fortschrittlicherweise zu erlauben. Wow. Ja. Süß. Politikergerede mit viel Großhirn-Gestürme und Null Empathie.

In Wirklichkeit ist es widerlich, über den Tod anderer Menschen auch nur nachzudenken, die alt sind, die vielleicht hinfällig sind, die einfach nur Pflege, Empathie und Respekt brauchen, um ihr Leben in Ruhe zu Ende zu leben.

Pflegeheim und „Sterbehilfe“

Mir wird da speiübel. Ich habe in den vergangenen Jahren  viel mit der natürlichen „Totgeweihtheit“ von uns allen zu tun gehabt und habe den  würdelosem Umgang mit alten Menschen in Pflegeheimen erleben müssen.

Das Politikergerede von Sterbehilfe ist Pseudo-Fortschrittlichkeit von Leuten, die lieber andere in den Tod spritzen wollen, als ihre politischen Hausaufgaben zu machen. Das ist überheblich und eine Missachtung der Würde des Lebens an sich, zum dem blöderweise der Tod gehört.

Man muss die Hausaufgaben machen. Das ganze Pflegesystem ist disfunktional. Es gibt viele, die sagen: es ist eigentlich eine Pflege-Mafia und deswegen ändert die Politik nichts. Denn die Politiker sind Teil der Mafia. Ja, das könnte einem wirklich so vorkommen.

„Bloß nie ins Altersheim oder Pflegeheim“

Den Satz hörte ich von so vielen alten Leuten. Jetzt bin ich selber nicht mehr „jung“ und siche Alternativen für mich selbst

Denn vor dem würdevollen Sterben kommt das würdevolle Leben. L E B E N in Stolz und Würde und Geborgenheit. Bis zum Schluss. Daraus ergibt sich ein würdevoller Abschied dann von selber. Leben in Stolz und Würde und Geborgenheit findet momentan im deutschen Pflegeheim nicht statt. Fleißige Politiker könnten und müssten hier mal die Ärmel richtig aufkrempeln, von alten beschäftigungstherapeutischen Konzepten Abschied nehmen, sich mit den Erkenntnissen der Hirnforscher befassen und allen couragierten neuen Denkansätzen und den praktischen Alternativen, die es bereits gibt. Im Moment ist die Pflegemaschine eine bürokratische Geldverwertungsmaschine, in der Menschen verwahrt-verwaltet werden bis zu ihrem Ableben. Das ist grauenhaft. Ich bin widerwillig, gezwungenermaßen zur Zeugin und Expertin dieses grauenerzeugenden Nichtfunktionieren eines Systems geworden, das auf mich mafiös wirkt.

Über meine Erlebnisse in der deutschen Pflegemaschinerie habe ich ein Buch geschrieben. Das hat den Titel:

„Schluss sag ich!“ – Drei Hoheiten am Verschiebebahnhof Altersheim. alt="Coaching München & Stuttgart: Dr. Berle. Skizze Frau Edith im Pflegeheim"Provokant, klar! Damit alle mal herhören! Und das muss schon knallen, denn auf vornehmes Gesäusele hört niemand mehr.

Das will niemand lesen!

Alle haben Angst. Das sagte meine alte Tante Anne, die das Buch selber 2 Mal las, weil es sie so berührte. Es wolle aber niemand lesen, weil alle nur die Augen verschlössen vor Angst.

Alten-Pflegeheim als Verschiebebahnhof? Ja, ich traue mich, das zu sagen, so unmenschlich und zugig und kalt kam es mir vor über Jahre hinweg. Von der angetroffenen Herzlosigkeit her, also qualitativ und grundsätzlich betrachtet, ist die Pflegemaschine nicht anders als die staatliche organisierte Sterbeverwaltung in den KZs Nazideutschlands. Wenn man radikal denkt und in Entwicklungen. Wege ins Grauen beginnen immer irgendwo. Und man kann sie nur verbauen, wenn man die Anfänge erkennt. Und jetzt das fahrlässige Gerede über die Sterbehilfe – ja, mir wird übel.

Und ich zitiere Frau Edith, die 90-Jährige, die oft in den 5 Jahren unserer Begegnungen mit ihrer schmalen kleinen Faust auf den Tisch gehauen hat und „Schluss isch!“ rief. Ich hab sie hier skizziert, so ähnlich sah sie aus, eine alte, früher äußerst vornehme Dame. Ein Dame. Jetzt im Rollstuhl und auf dicken Windelhosen. Ich erzähle in dem Buch viele Geschichten von ihr und von meiner Mutter und noch einer dritten bemerkenswerten alten Lady, alle saßen 5 Jahre lang zusammen am runden Esszimmertisch.

Ich erzählte von diesen hoheitsvollen Ladies, damit klar wird, mit wem man es zu tun hat, wenn man so alte, demente, hinfällige, hilfsbedürftige Menschen vor sich hat, die nur noch ein Schatten ihrer selbst sind: Man hat es mit Persönlichkeiten zu tun, die mal mindestens so flott, kraftvoll und kess und frech und stark waren, wie wir Heutigen. Zu ihrer Zeit waren die auch „Heutige“ und sind obenauf geschwommen. Jetzt in der Schwäche brauchen die nicht nur halbherzige Körperpflege und – wenn es ganz schlimm käme – ein bißchen Nachhilfe zum angeblich leichteren Humanitas-Tod. NEIN! Die und später wir brauchen nur eins: Achtung und Wärme und Geborgenheit. Und die fraglose Sicherheit, genau das von uns Jüngeren garantiert auch zu bekommen. Wir alle – die heute, wir dann morgen – brauchen nicht die Todesampulle (hallo, woran erinnert uns das doch gleich wieder??!!), sondern wir brauchen Aufmerksamkeit und: 

L I E B E – um das altmodische Wort zu benutzen.

Wann mein Buch rauskommt, das viele Leute schon gelesen und für sehr berührend befunden haben, ist jetzt leider wieder fraglich geworden. Der Lektor ist mit dem Inhalt nicht einverstanden und mit meinem provokanten Stil nicht und hat versucht, Zensur einzuführen. Der Verleger hat kalte Füße bekommen. Er ist Jurist, aber den Rechtsgrundsatz scheint er nicht zu kennen, der in jeder zivilisierten Gesellschaft zum Fundament gehört: Pacta sunt servanda!

Anmerkung: Er hat den Vertrag eingehalten, aber widerwillig. Bei Interesse können Sie Restexemplare des Buches direkt bei mir kaufen. 20 Euro. Bitte mailen.

Pacta sunt servanda: Meines Erachtens gilt das auch für den Generationenvertrag der Anständigkeit: Die Alten haben uns geboren und großgezogen. Das verpflichtet uns. So wie es unsere Kinder verpflichtet, uns nicht einfach totzuspritzen aus vorgespielter Empathie und Menschlichkeit – anstatt uns zu ehren und mit Respekt bis zum Lebensende zu begleiten. Letzteres ist schwieriger. Würdevolles Leben zu ermöglichen, das Leiden und den Tod nicht auszublenden, das  ist eine herzzerfetzende Mammutaufgabe, wie ich nun gelernt habe.

Aber „Das Leben ist nichts für Feiglinge„. Schauen Sie den tollen Film bloss an, er ist rundherum wunderbar. Und da er vom Tod handelt, handelt er eben auch vom Leben. Und von Liebe und Würde und dem unabänderlichen Bemühen, die wertvolle Sache Leben gut zu machen. Und nur darum darf es uns gehen, wenn wir nicht absolut entzivilisieren, kannibalisieren, moralisch versiffen wollen.

Ich glaube, ich muss überhaupt nicht erklären, was das alles mit Coaching zu tun hat …

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Impressionen aus dem Pflegeheim