Pflegekatastrophe
Kapitel in diesem Beitrag:
- 1 Alt, Alzheimer, Demenz – Pflegekatastrophe Deutschland
- 2 Coach spricht aus Betroffenheit und als Fachfrau
- 3 Mutter ist alt und dusslig
- 4 Frau Schneider ist gegangen, wir auch
- 5 Niemand lobt Demente
- 6 Die Menschenwürde ist unantastbar
- 7 Menschenwürde, positive Psychologie – statt Pflegekatastrophe und Stechuhr
- 8 Zärtlichkeit, Liebe, Empathie statt Masturbationshilfe!
Alt, Alzheimer, Demenz – Pflegekatastrophe Deutschland
Coach spricht aus Betroffenheit und als Fachfrau
Also meine Mutter lebt jetzt in einem Pflegeheim. Ich erfahre, was Pflegekatastrophe heißt.
Sie ist eine hochintelligente Frau. Jetzt ist sie dement, heißt: ihr Großhirn ist gewissermaßen löchrig. Sie vergisst Dinge. Sie lehnt gewisse lebensnötige Medikamente ab aus Starrsinn. Sie hat auch das „Essen auf Rädern“ abbestellt (weil sie es ja nicht bestellt hatte). Es hätte sein können, dass sie eines Tages – vollgelaufen mit Wasser und ohne Essen – verhungert wäre in ihrer Wohnung. Hätte ich es nicht doch kapiert, was da ablief. Ich, die ich in München arbeite und wohne und also aus 200 Kilometern Entfernung urteilen muss, wie der Sachstand bei der über 80-jährigen Mama ist. Das ist nicht leicht, das ist schwer und äußerst belastend. Mein Leben ist – gefühlt – eine Vorhölle. In 5 Jahren werde ich ein Buch darüber geschrieben haben, schaun Sie mal rein, wenn Sie sich jetzt bereits irgendwie angesprochen fühlen. Damit Sie nicht auf der Strecke bleiben, als Angehörige/r.
Mutter ist alt und dusslig
Sie ist aber deswegen nicht dumm. Demenz und die Alzheimer-Krankheit spielen sich auf individuellem Intelligenz-Niveau ab. Individualität zählt aber nicht, die Schwester der Menschenwürde zählt nicht. Deswegen heißt Pflegekatastrophe: Die Menschenwürde stirbt und zwar direkt in Deutschland. Pars pro toto. Was ich hier heute erlebte, steht für alles.
Die Pflegeschülerinnen, die heute Abend einen sogenannten Fasching im Stuttgarter Pflegeheim mit dem sehr guten Ruf inszenieren durften, wird man loben, obwohl sie sich als so furchtbar unfähig erwiesen haben, alte Herrschaften, bei denen Dummheit nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden darf, eine Stunde lang zu amüsieren, dass man totale Dussligkeit oder mangelnde Führung annehmen darf. Oder ein schlechtes Schulsystem. Die dussligen alten Damen und Herren waren den dummen Mädels, die vor ihnen unbeholfen herumtexteten, intellektuell mehrheitlich haushoch überlegen. Aus Mangel an Alternativen hörten sie trotzdem zu.
Frau Schneider ist gegangen, wir auch
Es war sterbenslangweilig, saudoof und eine entsetzliche intellektuelle Beleidigung. Gut. Wir sind auch gegangen. Und ich verstehe jetzt, warum meine Mutter solche Abende für sich ablehnt. „Ich bin doch nicht blöd!“ sagt sie. Und deswegen schreibt sie auch andauernd die Kontonummer ihres eigenen Kontos auf Zettel. Und tatsächlich auch die meines vor 23 Jahren gestorbenen Vaters, Ihres Mannes. Und zwar schreibt sie die Nummern richtig auf. Sie ist keineswegs blöd. Sie ist reflektiert, obwohl vergesslich und altersstur wie ein zickiger Teenager. Sie könnte Leistung zeigen, aber niemand fordert die ein.
Niemand lobt Demente
Dafür werden die Unfähigen in unserem Land aber gern gelobt aus Gründen dessen, was man soziale Gerechtigkeit zu nennen sich angewöhnt hat. Das ist ein Stil geworden: Bloss niemanden fördern durch Fordern, man könnte ihn ja überfordern! Damit wird das Bedürfnis dieser Pflege-Teenager nach Pamperismus, nach unbegründeter Hätscheleinheit erfüllt. Es wird aber ihr Bedürfnis ignoriert, Leistung zu zeigen und dafür gelobt zu werden. Und nur für Leistung. Dann das Lob.
Tjaaa … ouhhh … wer so was sagt, wird in diesem Land immer geschimpft: Ob das nun ein Außenminister ist oder der Herr Sarrazin mit seinen kritischen Büchern von der Bundesbank. Diesem wirft man vor, also stillose Menschen machen das, einen Schlaganfall und infolgedessen ein schiefes Gesicht zu haben. Deswegen sei er nicht ganz richtig in der Birne, behaupten die Stillosen.
Die Menschenwürde ist unantastbar
Das verlangt unser Grundgesetz. Die Menschenwürde – sie stirbt in Deutschland nicht in Flüchtlingsunterkünften (dies füge ich im jahr 2017 hinzu) nein, – sie stirbt in den Pflegeheimen. Das ist aber ein Tabu-Thema, das alle verdrängen. Es ist eine Wahrheit, unangenehm und mit Krankheit und Tod behaftet. Daher kommt die Pflegekatastrophe.
Wahrheit zu sagen ist in diesem schönen Land sowieso verboten. Kritik ist verboten und sehr großes Lob auch nicht beliebt. Bei den Nazis war es verboten, jetzt wieder. In der DDR war es auch verboten … ich erinnere einfach mal daran. Aber dieses wunderbare Land, diese kleine freie Bürger-Bundesrepublik Deutschland, die sie vor der sogenannten Wiedervereinigung mal war, die mag Wahrheit nicht mehr. Schlecht, so wird das nie was mit der Potenzialentfaltung, die die Wirtschaft braucht.
Wahrheit ist nämlich das, was Veränderung bringt, die Verbesserung sein soll. Potenzialentfaltung eben. Verschlechterung ist auch Veränderung, tjaaa und fängt an mit permanenter Verhätschelung und Schonhaltung und Weichzeichnerei, also Lüge.
Menschenwürde, positive Psychologie – statt Pflegekatastrophe und Stechuhr
Himmelsakra, das muss aufhören. Das sogenannte und vergewaltigungsähnliche Pflegen im Sekundentakt muss aufhören. Im Jahr 2017 hat eine dumme Politikerin der Grünen geschmackloserweise vorgeschlagen, Huren in Pflegeheime zu holen, staatlich finanziert. Sie hat auch verschwiemelt mit Menschenrecht-Blabla argumentiert. Wie mediengeil und unwissend! Erst mal muss die Stechuhr weg aus der sogenannten Pfege in den Heimen!
Wahrheit muss anfangen. Ergebnisorientiertheit. Konstruktive Politik. Deswegen habe ich diesen Blogeintrag im Jahr 2017 aktualisiert. Ich habe inzwischen dieses sehr gute Buch geschrieben, um die Pflegekatastrophe zu verbessern. Und um den grandiosen alten dementen Damen, die ich im Pflegeheim am runden Tisch, wo meine Mutter sich platziert hatte, kennengelernt habe, ein Denkmal zu setzen. Ein ehrendes Denkmal. Denn ich habe so viel über sie gelernt und von ihnen. Und wir haben so viel gelacht zusammen!
Zärtlichkeit, Liebe, Empathie statt Masturbationshilfe!
Fangen Sie damit an. Ich auch. Ich schreib jetzt dem Chef des Heims eine Mail. Vielleicht mache ich mich unbeliebt. Das Wagnis muss eingehen, wer etwas verbessern will. Kompetente Leute andererseits wissen: Wahrheit ist Achtung. Wahrheit ist Führung. Nach dem Tod meiner Mutter 2013 schrieb ich mein Buch ihr zur Ehre und den anderen alten Damen zur Ehre und uns zum Stolz.