Mutter ist tot

Trauerarbeit: Mutter ist tot

Trauerarbeit – Der Tod verändert das Gefüge. Es rührt mich so sehr, dass ich weine vor Glück. So viele freundliche Menschen sprechen mit mir, so viel Anteilnahme erfahre ich. Der Tod öffnet die Herzen. Menschen zeigen sich von ihrer echten Seite. Meine Mutter starb am Ostersamstag des Jahres 2013 im 90sten Lebensjahr. Und so viele Menschen berührt ihr Tod. Und so viele sagen: So eine freundliche Frau, so eine intelligente Frau, so eine besondere Persönlichkeit. So viel Liebe und Anerkennung, so viel Wärme!

Verflixt: Sollte es nicht möglich sein, diese Liebe im Leben zu halten? Gegen den Alltagstrott? Ich will, dass es möglich ist. Ich werfe das als Ziel aus. Jetzt! Und man erreicht seine Ziele, ich sowieso.

Und damit bin ich beim nächsten Osterei, das ich versprochen habe: Wenn ich selber mal nicht mehr auf dieser Erde bin und meine Seele weitergezogen sein wird, dann sollen sehr viele Leute über mich folgendes sagen:

„Das war die, die es geschafft hat uns zu zeigen, mit offenem, freudigem Herzen durch Leben zu gehen und die Liebe über den Trott siegen zu lassen.“ So soll es sein und so wird es sein.

Und jetzt das Osterei für Sie! Was sollen die Menschen über Sie dereinst lobend sagen? Beantworten Sie diese Frage und Sie haben den Sinn Ihres Lebens in der Hand. Jetzt wird dann Frühling!

Mir kommt vor, solche Fragen seien sehr gute und würdevolle Art, Trauerarbeit zu leisten.

Neun Jahre weg und immer wieder da

Meine Mutter ist nun tatsächlich neun Jahre tot. Immer wieder aber ist sie so präsent, dass ich mich frage, ob sie wirklich weg ist.

Unsere Vorfahren glaubten an neue Leben und Wiedersehen in Walhalla. Christen glauben an die Transformation und Wiederauferstehung im Paradies. Letztlich sind beides Versuche, Bilder zu liefern für das an sich Unvorstellbare. Ich persönlich brauche diese Bilder nicht mehr, seitdem ich gelernt habe und fest glaube, dass wir Menschen inkorpirierte Seelen sind, Ausdruck und Personifikationen des göttlichen, schöpferischen Lebensprinzip, das sich in jedem auch kleinen Detail des Lebens hier auf der Erde zeigt.

So gesehen gibt es den Tod nicht, sondern die Transformation von einem Aggregat-Zustand in einen anderen.

Daneben ist Wirklichkeit immer das, was wir von ihr halten.

„Trauerarbeit“ in der Autowaschanlage

Also saß meine Mutter gestern in der Autowaschanlage tatsächlich für einen Moment lachend neben mir.

Damals, als sie schon dement war und im Pflegeheim lebte, machten wir viele Ausflüge. Wir besuchten Verwandte, wir machten Spazierfahrten an altvertraute Orte, wir fuhren in nette Restaurants, genossen gute Essensowie Kaffee und Kuchen.

Eines Tages war mein Auto tatsächlich dermaßen dreckig, dass es eher grau aussah, als weiß. Ich beschloß, meine Mutter einfach mit die Autowaschanlage zu nehmen. Sie hatte etwas Derartiges davor noch nie erlebt gehabt.

Ich sagte: „Also pass auf, jetzt wird es gleich laut und wild, aber hab keine Angst!“

Und das Spritzen ging los, die bunten Walzen senkten sich und rubbelten von oben, von links und rechts.

Und meine Mutter, was tat sie? Sie lachte los, lachte aus vollem Hals, lachte dieses helle Lachen, klatschte in die Hände vor Begeisterung wie ein unbekümmertes Kind. „Was ich mit Dir alles erleben darf!“, sagte sie, „so was Tolles aber auch!“

Und wir lachten zusammen und jedesmal in der Waschanlage sitzt sie auf diese Weise neben mir.

Und an der Geschichte sieht man, glaube ich, worauf es ankommt im leben. oder was meinen Sie?

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