AfD ohne Vision

 

In Deutschland fehlt es an Vision

Visio, Visionis – vom Sichtbarmachen einer geistigen Vorstellung

Eine Vision fasst Ziele und Leitwerte in Bildersprache zusammen. Bei Individuen, Parteien, Organisationen. An der jüngsten deutschen Partei AfD lässt sich – eine für alle – eine Krankheit hervorragend zeigen, an der alle anderen Parteien und sonstigen politischen Kräfte ebenfalls leiden: Visionslosigkeit.

Vision, so der verbreitete Irrglaube, heißt: Kopf in den Wolken, Wolken-Kuckucksheimer, Spinner. „Wer Visionen hat, muss zum Arzt“, diesen Satz des verstorbenen früheren Bundeskanzlers Schmid habe ich kürzlich schon einmal in meinem Blog zitiert. Schmid, der Macher, der Zupacker, ein politischer und seriöser Handwerker. Ich bin sicher, er hatte insgeheim seine eigene private Vision vom anständigen, effizienten Wirtschaften im Kopf. Dinge gut machen nach dem Wenn-schon, denn-schon-Prinzip, das war Schmids verborgene Vision. Das erzeugte seine Gradlinigkeit, Authentizität.

Vision ist höchste Lenkungsebene

Vision ist sinnstiftend, gibt Heimat, Zugehörigkeit, Identität. Das wissen auch Werbeleute. Einer der einprägsamsten Slogans, den ich je sah, war einer von Nike für die Laufschuhe: „Just sports“. Wieviele Zwischensohlen, Obermaterialien, Dämpfungszonen in so einem Schuh eingebaut sind, interessiert im Grunde keinen. „Just sports“ gibt die Seins-Befindlichkeit von Joggern wieder, genau darum und um sonst nichts geht es Läufern: Dasein, Laufen, einfach, jederzeit, ohne Schnick-Schnack.

Ob Nike sich etwa auch noch dem Mut zur Wahrheit verpflichtet fühlt, ist Läufern egal. Die AfD etwa behauptet das auf ihrer Website, was irgendwie auch niemanden interessiert. Mut zur Wahrheit kann ja – wie man sieht – im Machtkampf der Dogmatiker enden. Irgendwann ist genug Wahrheit gesagt, da sollen Dinge Gestalt annehmen. Außerdem lügen gerade Politiker gerade unter dem Label Wahrheit traditionell am meisten. Gewissermaßen ist das das Gegenteil von „Just sports“.

Emotion und Aktion

Läufer wurden von Nike an ihren Bedürfnissen gepackt, denn Läufer wollen „just sports“, wollen Bewegung, wollen die Sicherheit des Bodens unter ihren Füßen spüren, wollen ihre Stärke spüren, den Kopf frei bekommen, nicht über irgendwelche Probleme nachdenken wie den ganzen Berufstag über ohnehin.

Das hat der Slogan eingefangen. Wir lernen daraus:

Wer Menschen begeistern will, muss sie emotional genauso packen und ohne Vernunft-Blabla für etwas in Bewegung setzen. Das gelingt mit Vision, dem höchsten Ziel hinter den Zielen. Vision will man sehen, spüren, und die Gefühle, die Vision erweckt, will man lieben. Vision ist niemals alternativ, Vision ist immer absolut. Vision ist deswegen hinreißend und macht unwiderstehlich. Das haben in Deutschland alle politischen Parteien ganz und gar vergessen. Die Alt-Parteien hatten mal Visionen, die neueste Partei, die AFD, hat noch keine und dümpelt nach den ersten großen Erfolgen vor sich hin. Richtungslos, scheint es. Klar, denn Vision nur gibt Richtung und macht groß!

„AFD – Alternative für Deutschland“

Reißt Sie das vom Hocker? Also mich reißt das gar nicht vom Hocker.“Tja, und?!“ – was wollen die konkret, fragen sich  Bürger und  Bürgerin. Und dann passieren nach einer atemberaubenden Parteigründungsphase menschliche Gemeinheiten, wie wir sie ja von den anderen Parteien her bereits kennen, und wie sie passieren, wenn ein einziger Wille, wenn die Richtung fehlt. Es ist der neuen Partei gelungen, schnell und unglaublich viele protestmotivierte Köpfe zusammenzuführen. Menschen der unterschiedlichsten sozialen Herkunft, unterschiedlicher parteipolitischer Vorprägung vereinten sich im Protest. Mehr aber auch nicht.

Visionslosigkeit im Namen

Alternative für Deutschland – die pragmatische Sachaussage heißt: „Alle andern sind doof, wir sind gescheiter und werden es anders und zwar besser machen!“ Der Gründer der AfD war ein Wirtschafts-Universitätsprofessor, dem man Geltungsdrang, immense Intelligenz und Eitelkeit gleichzeitig nachsagt. Das steckt auch im Parteinamen. Ist aber keine Vision.

Vision steckte hierin: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ – der Dreiklang führte zur Französischen Revolution von 1789. Starke Vision auch im Sozialdemokratenlied von Anfang des 20. Jahrhunderts, als die SPD und die KPD ihren Aufstieg starteten : „Brüder, zur Sonne zur Freiheit!“ Wow, das sind eindeutige Aussagen und Glücksverheißungen! Als die SPD davon abrückte, und zur Funktionärs- und Bürokratenpartei degenerierte, begann ihr Niedergang.

Ebenso ist es mit den Unionsparteien, die ihr „C“ verloren haben. Das Christentum ist eine einzige Liebesverheißung und stärkste Vision! Auch hier: Parallel zum Verlust dieser Vision nahm der Ansehensverlust zu. Und bei den Liberalen in Deutschland, der FDP, herrschen statt geistiger Freiheit die Vetternwirtschaft, alte Konzepte und der Kleingeist.

So findet man zur Vision:

Wieder Beispiel AfD. Was will die Partei „alternativ“ machen? Sie will die diktaturähnliche Struktur der Europäischen Gemeinschaft, Fremdbestimmung durch die EU-Bürokratie beenden zugunsten nationaler Souveränität in einem „Europa der Vaterländer“; AfD will den chaotischen Zustrom kulturferner Migranten aus aller Welt beenden; AfD will das Bargeld erhalten und zwar als Garant persönlicher Handlungsfreiheit und Privatsphäre.

Nur diese drei Punkte erlauben es, die visionsführende Frage zu stellen: Wofür wäre es gut, wären diese Ziele verwirklicht?

Starkes lebendiges Deutschland? Einigkeit, Recht, Freiheit – ja, sieheda, diese Vision gibt es sogar bereits, sogar als Nationalhymne!

Vom Problem zur Vision mit der Kontrastmethode

Das Gegenteil von Diktatur ist Freiheit. Das Gegenteil von Multikulti-Einheitsbrei ist Individualismus. Eine Form des Individualismus ist Patriotismus und zwar in Frieden und guter Nachbarschaft, wie es der Terminus „Europa der Vaterländer“ signalisiert. Das Gegenteil von Chaos ist Ordnung.

Freiheit, kulturelle und nationale Identität, Freundschaft mit den Nachbarn, neue innere Ordnung – das könnte von der AfD zum Modell eines modernen und smarten Deutschland formuliert und mit mit Symbolen und Bildern greifbar gemacht werden.

Bilder liebt unser Gehirn mehr als Worte, deshalb läuft jede Begeisterungsstrategie über Bilder und die durch sie repräsentierten Gefühle. Und so werden große Gefühle geweckt, ohne die es keinen politischen Erfolg gibt.