alt="Coaching München & Stuttgart: Dr. Berle hat ein Feuer fotografiert, rot-gelb lodernd"

Aufschieberitis Prokrastination

Aufschieberitis Prokrastination: Lahm statt Feuer

Fail! Fail again! Fail better! (Beckett)

Warum tun wir das Aufschieberitis Prokrastination? Warum erledigen wir Dinge nicht sofort? Ist das Faulheit, Dummheit, Wohlstandsbehäbigkeit?

Geschichte vom Coach mit Selbstkritik und zerknirschtheit.

Aufschieberitis Prokrestination (lateinisch procrastinatio „Aufschub, Vertagung“; abgeleitet über procrastinare „auf-/verschieben, vertagen“ von pro „vor“ und crastinus „morgig“), Erledigungsblockade, Aufschiebeverhalten, Erregungsaufschiebung, Handlungsaufschub oder Bummelei (im Volksmund auch Aufschieberei oder Aufschieberitis), ist das Verhalten, als notwendig, aber unangenehm, empfundene Aufgaben immer wieder zu verschieben, anstatt sie zu erledigen.“ Früher hätte ich im Wörterbuch nachgeschlagen, nun zitierte ich Wikipedia. Geht schneller, bin ich auch ein Aufschieber?

Durchhalten ist Zeitmanagement?!

Aufschieberitis Prokrastination – ich verwende die beiden Worte in einem Atemzug, denn ich bin selber Betroffene:

Die Scheibenwischer meines Autos schmierten, kratzten, jaulten. Ja, bitte, sie funktionierten schlecht, aber sie funktionierten. Früher die an meinem alten R4chen die funktionierten zuweilen gar nicht mehr. Es gab Leute, die sie vom Wageninneren aus mit Schnüren hin und her zogen, doch, ganz ehrlich! Also: Ich bin das Leid gewöhnt. Bei manchen kratzen die Scheibenwischer des Lebens genauso. Da geht zu Lasten der allgemeinen Motivation. Die Aufschieber sind arme Leute. Manche können sich nicht einmal zu einer Bewerbung durchringen. „Warum, warum, warum nur schaff ich armes Würstlein nur solche Dinge nicht?“ fragen sie sich dann so lange, bis die Zeit eh rum ist.

Auf’n Scheiterhaufen?

Hilfe, ich falle! Das Scheitern, das Abstürzen, das Verlieren! Ja, wer geht, stolpert, wer Klettert stürzt ab. Manche nur kommen zum Gipfelkreuz. Die meisten scheitern an der Aufgabe eh. Da bleiben wir lieber, wo wir sind und wie wir sind. Autowerkstätten etwa sind teuer, lassen einen warten, die Mitarbeiter sind gestresst und unfreundlich. Das steigert die Motivation dorthin zu fahren nicht. Deswegen ließ ich die Scheibenwischer jaulen, kratzen und schmieren. Ein Jahr lang sicher. Bis gestern. Da hatten wir in München gewaltigen Starkregen der aus den fetten grauen Wolken fiel. Dramatisch geradezu, die Wischer katzten nervtötend.

Komfortzone, oh ja!

Muss es echt sauweh tun, ehe man den Hintern hochnimmt und sie verlässt? Könnte man denn solcherlei Aufgaben nicht smart und leicht erledigen? Ich meine, ich bin schließlich Coach!? Jedenfalls jetzt – ich konnte es jetzt tatsächlich nicht mehr aushalten und hatte schon Kopfweh vom Augenzukneifen wegen der verschlierten Scheiben. Es war keine Komfortzone mehr, in der ich hinter meinem Steuerrad verkrampft hockte. Es war der reine Stress. Ursache: Aufschieberitis Prokrastination.

Aufschieberitis Prokrastination – wo kommt das her?

„Dir gehts zu gut!“

Das hätte mein Vater, Gott hab ihn selig, gesagt. Oder er hätte womöglich sogar gesagt „Reine Faulheit! Reine Dummheit!“ Tja. Prokrastination, allein das Wort hätte ihn lachen lassen. „Zeitmanagement, hahahaha!“ hätte er gesagt. Und: „Wenn die Russen hinter dir her sind und schießen, rennst du sofort ganz schnell!“ Fünf Jahre Kriegsgefangenschaft und das Schießen davor hat er auf diese Weise überlebt.

Jedenfalls ging es mir beim Autofahren im Wolkenbruch endlich so schlecht, dass ich beim ersten Werkstattschild, das ich durch die grauen Wassermassen hindurch entdecken konnte, Blinker setzte und in den Hof hineinpreschte. Die neuen Wischer haben 58 Euro gekostet. Die Werkstattleute waren ausnehmend freundlich, das Wechseln ging ratzfatz schnell, die Sicht war auf eine Weise klar, dass ich laut lachen musste und mir selber an die Stirn tippte.

Die Weisheit der Scheibenwischer

Das Warten, Durchhalten, Aufschieben ist komplett idiotisch. Glauben Sie es mir. Aufschieberitis ist keine Krankheit (wie viele heutzutage nach vielen Zeitungsartikeln meinen behaupten zu können). Aufschieberitis ist vielleicht Trotzreaktion auf langweilige Lehrer und hyperaktive Eltern, vielleicht auch Zeichen, dass es uns noch zu gut geht. Aufschieberitis ist wahrscheinlich ganz einfach eine und zwar saublöde Angewohnheit. Sie können daran weiter leiden oder sie ändern, ganz Ihre Sache. Aber um wieviel besser geht es uns mit guten neuen Scheibenwischern! Warten müssen wir heut ja nicht mehr, nur  Kinder lässt man warten. Und wir sind Erwachsene und Herrscher unserer Dinge!