Winterzeit
Kapitel in diesem Beitrag:
- 1 Uhrenspiel: Zeitumstellung auf Winterzeit
- 2 Vor oder zurück?
- 3 Winterzeit heißt Zurückdrehen!
- 4 Sancta, Gender-Gaga, Sado-Maso-Clubs
- 5 Die Zeit schreitet in Wirklichkeit immer voran
- 6 Mein Schulweg? Kinderarbeit!
- 7 Zurück auf Los!
- 8 Alle Männer sind doof: Eine Coachinggeschichte
- 9 Zurück, um Anlauf zu nehmen!
Uhrenspiel: Zeitumstellung auf Winterzeit
Vor sechs Jahren ergab eine Online-Befragung der EU-Kommission, dass nahezu alle Europäer die Nase voll haben von den Zeitumstellungen in März und Oktober. Geschehen ist nichts. Das alberne Spiel mit Winterzeit/Sommerzeit geht weiter: Wieder muss man in der EU die Uhren umstellen. Diese Nacht war es wieder die Zeit! Millionen Menschen fragen sich jedesmal: Wie genau, vor oder zurück?
Wie werden sie gestellt, die Uhren? Zweimal im Jahr die gleiche Fragen verbunden mit der anderen Fragen „hört das nie auf?“
Vor oder zurück?
Winterzeit heißt ZURÜCK! Sie werden nachts zurückgestellt, die Uhren. Um 3 Uhr in der Früh werden die Uhren um eine Stunde von der Sommerzeit auf die mitteleuropäische Zeit (MEZ) zurückgestellt. Dann ist es morgens wieder früher hell und dafür nachmittags eher dunkel. Gut für morgendliche Jogger wie mich, wenn es wieder früher hell wird!
Morgenstund hat Gold im Mund.
Viele sagen sowieso, diese Zeit sei gesünder. Die Winterzeit ist eigentlich die Normalzeit.
Die Zeitumstellung auf Sommerzeit im Frühjahr und auf Normalzeit im Herbst ist schon lange unbeliebt, so zeigen Umfragen.
Die EU hatte deswegen 2019 das Ende der Zeitumstellerei in Aussicht gestellt … aber ohweh: Die Brüsseler Bürokraten müssten dafür eine Komfortzone verlassen. Passiert ist nix.
Winterzeit heißt Zurückdrehen!
Im Normalleben sollten wir die Zeiger niemals zurückdrehen, sondern uns Ziele setzen, die nach vorne zeigen. Davor haben die meisten Menschen Angst genauso wie die Brüsseler Bürokraten. Sie hätten am liebsten Dauer-Uhrenzurückdrehen, um mehr schlafen zu können.
„Es fühlt sich schon befreiend an, aber irgendwie auch total unsicher, weil ich nicht weiß, wie sich alles weiterentwickelt, ob es gut wird oder eher nicht.“ – schrieb mir eine 21-jährige hochbegabte Klientin, nachdem sie den Kontakt zu alten Freunden abgebrochen hat. Sie ist durch die Zusammenarbeit mit mir dabei, nachzureifen, ihr Leben in die Hand zu nehmen, aus den alten Rollen, die sie spielt, auszubrechen. Sie will vorwärts kommen, neue Menschen kennenlernen. Ihre früheren Freunde empfindet sie als blockierend. Sie ist gewachsen, die wuchsen nicht mit. Panta rhei.
Eine andere Klientin wärmte eine alte Liebesbeziehung wieder auf. Es stellte sich heraus, dass der Mann inzwischen Sadist ist. Zu ihrem Entsetzen. Nicht „bedingungslose Liebe“, sondern „bedingungslose Unterwerfung“.
Diese neuzeitlichen Enthemmungen und Perversionen lassen viele von uns oft wünschen, man könne die Zeit zurückdrehen.
Sancta, Gender-Gaga, Sado-Maso-Clubs
„Sancta“ heißt eine Operninszenierung am Staatstheater Stuttgart. Eine selbsternannt feministische Regisseurin gefällt sich darin, ein höchst unheiliges lästerliches Sado-Maso-Stück auf die durch Steuern subventionierten Bretter zu bringen. Zuschauer fielen in Ohmacht, Notärzte mussten kommen. Gotteslästerung, so der Vorwurf.
Ich drehe die Uhrzeiger der Erinnerung zurück an meinen ersten beglückenden Ballettbesuch ebendort. „Romeo und Julia“, irgendwann kurz vor dem Abitur. Der wundervolle John Cranko verzauberte das Stuttgarter Opernhaus, ja, die ganze Stadt mit seiner Genialität, Eleganz, seiner weltgewandten Virtuosität. Entzücken, Liebe, Begeisterung verkörperten seine Tänzer, zeigte und weckte er. Ich hatte das unverschämte Glück, die berührende Choreographie – Jahre nach der Erstaufführung 1962 – erleben zu dürfen getanzt von der legendären Marcia Haydée und Richard Cragun.
Alles, was ich über dieses „Sancta“-Stück lese, macht mich schaudern und ich denke an George Orwells „Neusprech“, wo man dystopisch Begriffe setzt und dabei die Bedeutung ins genaue Gegenteil verkehrt. So wird aus Liebe Unterwerfung. Wer „Liebe“ sagt, meint das Gegenteil.
„Sancta“ also in Wirklichkeit mehr als unheilig, frauenfeindlich, blasphemisch. „Romeo und Julia“ und alle anderen Werke John Crankos dagegen wirklich „sancta“ in ihrer reinen Ästhetik. Der Schöpfer ein schwuler Mann, der sich von der heutigen primitiven Gay-Kultur aus reiner intellektueller und emotionaler Eleganz gewisslich erschüttert abgewendet hätte.
Die Zeit schreitet in Wirklichkeit immer voran
Die Zeit lässt sich gar nicht drehen, weder zurück noch vor. Das Leben lebt in seiner Zeit in stetiger Bewegtheit und Neues gestaltend vor sich hin.
Gut also, die Winterzeit führt uns in unsere biologische Normalzeit zurück. Die Zeit wird um eine Stunde zurück gestellt.
Das Leben will aber vorwärts gehen. Und wenn wir diese Lebens-Lebendigkeit aus lauter Angst vor der Bewegung nicht mitmachen, werden wir vom Leben übergangen.
Aber der Standort muss klar sein! Deshalb müssen wir manchmal zurückschauen, wenn uns das sogenannte Moderne überrollt. Waren Kindheiten früher eigentlich nicht doch wild und frei, ungeregelt?
Heute las ich, nach der hypermüden Generation Z gebe es nun die digitalisierte Generation Alpha. Deren Eltern, die ersten digital Natives, regeln alles digital. Wie sich die Kinder entwickeln, wie sie Pipi machen und „groß“, alles wird im Internet überprüft und entsprechend für normal oder unnormal erklärt. Alles wird entemotionalisiert, gleichgeschaltet via Smartphone. Wo doch Kinder die analogsten, kreativsten und emotionalsten Wesen sind!
Mein Schulweg? Kinderarbeit!
Mein Schulweg damals in Stuttgart ging hangaufwärts. Hin dauerte es eine halbe Stunde. Alleine, zu Fuß, auf dem Rücken den schweren ledernen Schulrucksack. Mindestens 30 Minuten, im Winter bei Schnee und Eis sicher länger.
Ich musste vorbei an bösen Hunden, unwägbaren Erwachsenen, gemeinen Mitschüler-Buben. Das war immer spannend, ich hatte viel Angst, ich hätte mich niemals getraut, mich bei irgendwem für diese tägliche Fron zu beschweren. oder gar einfach Nein zu sagen, zu streiken.
Andererseits war das schon auch Freiheit. Dieses eine Haus, bei dem Dorle und ich immer Klingelputzen machten! Dorle wurde dann Mathematik-Lehrerin, sehr gescheit auch sie und Tochter eines Physik-Professors, der einen Lehrstuhl in Berlin bekam, so dass ich wieder allein das Klingelputzen machen musste. und den feindlichen Schulweg.
Den dehnte ich auf den Rückwegen immer weitestmöglich aus, so dass er da zumeist in den Variationen eine ganze Stunde oder mehr dauerte. Ja, bitte: Fördert so eine Schinderei die Freiheit? Die Resilienz? Die Abenteuerlust? Die Neugier?
Zurück auf Los!
Das Verlassen der Komfortzonen, der ausgetretenen Trampelpfade, das Einbiegen ins Dickicht der noch unbekannten Zukunft macht uns allen Angst, so dass wir gerne einen Schritt vor und einen oder sogar zwei zurück machen. Den digital Natives macht das keine Angst, denn sie gewinnen Sicherheit via Google. Vernachlässigen das Naheliegende, dass nämlich darin die Lebensgefahr von Abhängigkeit liegt. Wer nur Google vertraut, gerät in seelische Winterzeit.
Sich selber trauen, dem Bauchgefühl, der Intuition trauen, das macht frei. Das gibt Menschen ihre Würde-
Man muss mit der Zeit gehen, klar. Man muss immer wieder prüfen, ob man da gut steht, wo man steht. Man muss und darf seinen Standort bestimmen. Und dafür muss man auch zurückschauen.
Und womöglich die Uhr mal zurückstellen. Aber im Coaching gehen wir nur zurück, um Anlauf zu nehmen.
Alle Männer sind doof: Eine Coachinggeschichte
Eine Klientin vor einiger Zeit regte sich reflexhaft über Männer auf. „Alles Ar…löcher!“ Ja, zum Beispiel der eine Kollege da, ein Riesentrottel. Warum sie ihn trottelhaft fände, frage ich. „Weil er meine Grenzen überschreitet! Weil er einfach nicht respektiert, was ich will!“
Das ist aber nicht das wahre Problem, sondern das Gefühl der Ausgeliefertheit ist hier das wahre Problem und die daraus resultierende hilflose Wut.
Zurück, um Anlauf zu nehmen!
Wir entdecken Situationen ihrer Kindheit, in denen sich diese Riesenwut aufbaute auf den einige Jahre älteren Bruder. Den sie aber auch sehr bewunderte und liebte. Diese Wut überträgt sie auf alle dominanten Männer. Man nennt das Projektion. Sie hat eine unglückliche Ehe hinter sich. Sie würde gerne mit einem besseren Mann die Liebe erleben. Dafür muss die Projektion aufgelöst werden.
Die eigentliche Ursache für die Wut auf den Bruder waren die nicht moderierenden Eltern damals, so erkennen wir. Diese Eltern, überließen die Kinder sehr sich selbst. So geriet der älteste Bruder in eine Führungs-Rolle, die ihn selber überforderte. Und die kleinste Schwester, meine Klientin, lernte, sich notorisch wehren zu müssen gegen seine Regulierungsversuche, die sie als Übergriffe empfand.
Man fragt zur Auflösung: Wie hätte eine glückliche Familie agiert, was hat seinerzeit gefehlt? Die Mutter, so erkennen wir, hätte mit Ruhe und liebevollem Humor ihre drei Kinder anleiten müssen.
Kommunikation fehlte. Das ist es, was meine Klientin nun trainieren wird: Sie wird Fragen stellen, wo sie sich bisher reflexhaft ärgerte. Sie wird Probleme delegieren – in diesem Fall wird sie dem Vermieter, der den Makler engagierte, mitteilen, dass der sie belästigt. Sie wird Ihren Spielraum dadurch erweitern, dass sie Grenzen setzt.
Das wird nicht sofort gelingen, aber mehr und mehr wird es gelingen und neue Freiheit ins Leben bringen. Die Klientin stellt die innere Uhr von seelischer Winterzeit auf Normalzeit: Sie ist nämlich heute die Mutter und nicht mehr das Kind.
Ihre Fragen beantworte ich gerne. Schicken Sie einfach eine Mail, nur ich lese sie und antworte schnell und persönlich.