Deutscher Pflegetag ohne Jane!

Deutscher Pflegetag

Jetzt werden Sie fragen, „wer ist Deutscher Pflegetag“ und „wer ist Jane“?

Also die Jane kommt in dem tollen Buch von Gunter Dueck über die Schwarmdummheit auf Seite 198 vor, Jane ist der Faktor Menschlichkeit. Dueck, Mathematiker, Statistiker, berichtet von Erhebungen, wo es um erfolgreichste Projekte ging und die Frage, was machte diese so erfolgreich. Schließlich stellte sich etwas herzberührend Sonderbares heraus: Das einzige, was alle Erfolgsprojekte gemeinsam hatten, war die Tatsache, dass bei allen irgendwann mal eine Frau namens Jane herumgefunkt war. Man recherchierte und befragte schließlich Projektmitarbeiter an der Basis. Dort fanden sich einige, die alle dasselbe sagten: „Ach, die Jane! Mensch, wenn die da war, lief immer gleich alles besser, das war toll!“ Jane, so zeigte sich, war die gute Seele, die dir den Kaffee hinschiebt, wenn die Augen zufallen wollen, die im Nebenraum herumwirtschaftet und lacht, die „einfach da“ ist. „Da ist mir leicht ums Herz geworden!“ berichtete einer der Programmierer. Menschen brauchen den Faktor Mensch lebensnotwendig!

Deutsche Pflegekatastrophe und Ausnahmen

Ich habe diesen Faktor Mensch gefunden: Diesen Faktor „einfach da“, den Faktor Herzlichkeit fand ich in jenem Pflegehaus am Schloss in Wellendingen kennengelernt, in dem meine Mutter ihre letzten Lebenswochen verbracht hat. Da ist die Pflege der Alten, Dementen und Todkranken so organisiert, dass niemals jemand alleine irgendwo verloren rumhockt und mit stierem Blick buchstäblich aufs Ende wartet. Da ist im Wohnzimmer immer jemand da und ist „Jane“ – macht rum mit dem Geschirr, schält dir einen Apfel, zerschneidet eine Birne, schiebt sie dir hin, fragt, erzählt was aus ihrem Garten, vom Hund, der Katze, plaudert übers Wetter und dies und das. Nicht alleinsein, Geborgenheit, Lachen, Gesehenwerden – das sind unsere Grundbedürfnisse – auch wenn es ans Sterben geht. Ich habe das während der ganzen Jahre, die ich meine Mutter im Pflegeheim begleiten musste als Ultima Ratio erfahren. Ich erzähle davon in meinem Buch „Schluss, sag ich!“. Es ist der Faktor Jane, der unsere Leben wertvoll und sinnerfüllt macht. Theoretisch wusste ich das schon vorher, aber im Pflegeheim als emotional gebeutelte Angehörige habe ich es ganz konkret erfahren.

Deutscher Pflegetag nur Blabla

Deutscher Pflegetag in Berlin – „Hier treffen sich Spitzenvertreter aus Pflege, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zum intensiven Dialog“ – geht es um die Pflegebox für Angehörige von Pflegebedürftigen, Schmerzbehandlung, Palliativpflegeverbesserung undsoweiter – lauter technokratische Themen, die das Bestreben nach Optimierung durch noch bessere Regelungen verraten. Somit ist der Kongress ein Spiegel des Innenlebens der Großkonzerne.  „Jane“ kommt in der Tagungsordnung nicht vor.

Wo Jane fehlt, fallen Menschen in den Burnout der Verzweiflung. Denn der Mensch besteht nicht aus Regeln und Techniken, sondern aus Lachen und Weinen. Und aus Zorn! Das habe ich von Frau Edith gelernt, die im Rollstuhl saß und zürnte und die Faust auf den Tisch knallen ließ mit erstaunlicher Restkraft und Schimpfkanonaden hinausrief in die Pflegeheimwelt des apathischen Herumhockens, und die Pfleger tippten sich an die Stirn, nannten sie „schwierig“ und „gaga“, dabei zeigte sie nur, was alles an echtem Leben in ihr steckte. „Schluss isch, sag ich!“ rief sie oft.

Wenn Sie an Ihrem Konzern leiden, sollten Sie die Geschichten über Frau Edith und die anderen Hoheiten am runden Tisch, von denen ich erzähle, lesen. Sie werden Ihnen Kraft geben. „Je suis Oma!“ – und Sie auch, die Sie auch gerne sehr alt werden wollen und zwar im Glück!

Hier gehts zum Buch.